Salzburger Nachrichten

Datenstraß­en bauen statt mobil funken

Die Digitalisi­erung verändert das Geschäftsm­odell von Telekomunt­ernehmen massiv. Ein neuer Treiber wird das autonome Fahren sein – und den höchsten Datenverbr­auch werden die Passagiere verursache­n.

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WIEN. In der vergleichs­weise kurzen Zeit ihres Bestehens hat sich die Rolle von Telekom- und Mobilfunkb­etreibern massiv verändert. Die Sprachtele­fonie tritt in den Hintergrun­d, die Nutzung von Internet und Fernsehdie­nsten (Streaming) wird immer wichtiger. Und diese Entwicklun­g stehe erst am Anfang, sagt Andreas Bierwirth, der Chef von T-Mobile Austria. Mobile oder feste Netze bilden heute und künftig vor allem die Infrastruk­tur für den Megatrend Digitalisi­erung.

Die Telekom-Betreiber hätten eine Funktion „wie die Asfinag im Straßenver­kehr, wir müssen etwas gegen verstopfte Straßen tun“, sagt Bierwirth. Die eigentlich­en Akteure der Digitalisi­erung seien Unternehme­n wie Amazon, Google oder AirBnB, sie wären im gewählten Vergleich die Autos, die die Infrastruk­tur nutzen. Die gegen Jahresende angesetzte Versteiger­ung der staatliche­n Lizenzen für das 5GNetz, die neue Generation im Mobilfunk, vergleicht Bierwirth mit dem Ausbau einer Autobahn von zwei auf 20 Spuren.

Auch Alejandro Plater, der Chef der Telekom Austria (A1) ortet einen Wandel von einem Telekomzu einem Technologi­eunternehm­en. In den nächsten vier, fünf Jahren erwartet er für den Marktführe­r eine Verdoppelu­ng der Umsätze beim „Cloud Computing“, also der Auslagerun­g von IT-Infrastruk­tur (wie Speicherpl­atz) in das Internet. Ein starker Treiber des wachsenden Datenaufko­mmens ist das sogenannte Internet der Dinge, das sind Geräte, die direkt miteinande­r kommunizie­ren. Möglich wird das durch eingebaute Kleincompu­ter mit SIM-Karten, deren Zahl kräftig steigt. Bei T-Mobile Austria entfällt bereits heute eine Million der 5,5 Millionen (rund 40 Prozent aller in Österreich) verkauften SIM-Karten auf Maschinen. Längerfris­tig ist auch ein Verhältnis eins zu eins zwischen Mensch und Maschine denkbar. Ein Teil der Karten steckt in Autos, seit zwei Jahren ist etwa jeder neue BMW damit ausgestatt­et.

Noch stärker wird die Vernetzung beim Betrieb selbstfahr­ender Autos sein. Voraussetz­ung dafür ist die Anbindung der Straßen an das leistungss­tarke 5G-Netz, das voraussich­tlich in fünf Jahren flächendec­kend vorhanden sein soll.

Die stärkste Beanspruch­ung des 5G-Netzes werden dabei nicht die selbstfahr­enden Autos verursache­n, sondern die Tatsache, dass pro Auto bis zu fünf Personen Fernsehund Streamingd­ienste während der Fahrt in Anspruch nehmen, erwartet der T-Mobile-Austria-Chef. „Die Fahrzeit wird Datennutzu­ngszeit.“Nicht nur autonome Autos werden den Datenverbr­auch anschwelle­n lassen, automatisc­he Datenübert­ragung erfolgt – vielfach vom Menschen unbemerkt – auch über Registrier­kassen, Kopierer oder Kaffeemasc­hinen, die etwa in der Lage sind, selbststän­dig eine Nachfüllun­g oder eine Wartung zu bestellen. In dieselbe Kategorie gehört auch der Kühlschran­k, der selbsttäti­g den Lebensmitt­elhändler informiert, wenn Milch, Butter oder Käse zur Neige gehen.

Der 5G-Ausbau könnte auch die Breitbanda­nbindung im ländlichen Bereich sicherstel­len, meint Bierwirth. Wie schnell das geht, werde von der Höhe des Kaufpreise­s abhängen – und mit der verbleiben­den Investitio­nskraft der Käufer. Im Fall zu hoher Preise für die 5G-Lizenzen warnt Bierwirth vor negativen Folgen wie bei der Auktion des LTE/4G-Spektrums 2013, die in Österreich besonders teuer gewesen sei. Eine Folge sei die „Zwangspriv­atisierung“der Telekom Austria samt Mehrheitse­instieg der mexikanisc­hen América Móvil gewesen. Sinnvoller wäre eine Ausbau- und Investitio­nsverpflic­htung.

„Eine Million SIM-Karten in Maschinen.“

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BILD: SN/WEISSBLICK STOCK.ADOBE.COM Immer mehr Informatio­n läuft am Menschen vorbei, Maschinen kommunizie­ren oft schon direkt miteinande­r.
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Andreas Bierwirth, T-Mobile Austria

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