Seine Reise mit Lindsey Vonn
Der Salzburger Alexander Hödlmoser zählt zu den erfolgreichsten Skitrainern der Geschichte. Mit US-Superstar Lindsey Vonn verfolgt er noch zwei Missionen: Die erste heißt Olympiagold.
Für rund 100 Weltcupsiege sowie zahlreiche WM-Titel und Olympiamedaillen ist Alexander Hödlmoser (49) in seiner 20-jährigen Trainertätigkeit im US-Skiteam mitverantwortlich. Nun soll der St. Johanner Lindsey Vonn, die am Samstag (3 Uhr MEZ) im Super G ihre Goldmission startet, zu ihren letzten großen Zielen führen. Warum er dabei keine Bedenken hat, wie Vonn tickt und was sie von Mikaela Shiffrin unterscheidet, erzählt Hödlmoser im SN-Interview. SN: Sie sind seit 1997 Trainer im US-Skiteam. Werden die Olympischen Spiele Ihre letzte Mission mit Lindsey Vonn? Alexander Hödlmoser: Das Ende meiner Tätigkeit ist zwar absehbar, aber noch gibt es dafür kein Datum. Lindsey hat mich vor dieser Saison gefragt, ob ich ihr auf dem Weg zu ihren zwei letzten großen Zielen helfe. Das ist zum einen Olympiagold und zum anderen der Rekord von Stenmark (86 Weltcupsiege). Diese Reise sind wir gemeinsam angegangen und hoffentlich werden wir sie auch erfolgreich beenden. Daher werde ich wohl auch nächste Saison noch an ihrer Seite sein. SN: Wie stehen die Chancen, dass sie zum zweiten Mal nach 2010 olympisches Gold holt? Natürlich traue ich ihr alles zu, aber da bin ich wohl nicht der Einzige (lacht). Wir wollen Gold, das ist klar. SN: Es ist gar nicht unrealistisch, dass die US-Damen alle fünf Goldmedaillen abräumen. Da muss alles zusammenpassen, aber es ist tatsächlich möglich. Allein das zeigt, welche Ausnahmeerscheinungen Lindsey und Mikaela (Shiffrin) sind. Mika hat schon ihr Gold und kann sich im Slalom (in der Nacht auf Freitag) und in der Kombi eigentlich nur selbst schlagen. Und im Speedbereich führt der Weg zu Gold auch über Lindsey. SN: Wäre das auch Ihr persönlicher Höhepunkt? Davon hat es zum Glück schon viele gegeben. Mit Lindsey, Mikaela und Julia Mancuso. Und auch mit den Herren. Wenn man nicht so hochtalentierte Athleten zu Siegläufern macht, dann macht das genauso viel Freude, teilweise sogar mehr. Das Toperlebnis bisher war wohl die Olympiaabfahrt in Vancouver, wo wir mit Lindsey und Julia Gold und Silber gewonnen haben. Das ist vom Stellenwert her das Größte. SN: Vor allem in den USA, wo Olympia dem Skisport riesige Aufmerksamkeit verschafft. Wie gehen Vonn und Shiffrin mit dem Druck um? Der Druck ist da, natürlich. Aber die Mentalität der Amerikaner, damit umzugehen, ist außergewöhnlich. Sie gehen mit so viel Vorfreude rein, genießen die Drucksituation und saugen diese spezielle Atmosphäre auf. Nicht nur deshalb habe ich bei beiden wenig Bedenken. Sie waren schon so oft in diesen Situationen und wissen damit umzugehen. SN: Vonn hat zuletzt wieder aufgezeigt, aber auch schwierige Zeiten hinter sich. Wie haben Sie ihre Karriere erlebt? Es ist eigentlich unglaublich, wie lange sie schon im Spitzensport ist und wie viele Verletzungen sie durchgemacht hat. Da muss man sich auch eingestehen, dass Lindsey nicht mehr so frisch ist. Beim Training müssen wir extrem aufpassen, dass das ihr Körper auch aushält. SN: Sind Sie auch als Frauenversteher gefragt? Natürlich gibt es auch immer wieder mal Situationen, die ins Private gehen. Da wird man unweigerlich zum Gesprächspartner in guten wie in schlechten Zeiten. Das ist ganz normal. Ich habe mit Lindsey alles durchgemacht, kenne sie in- und auswendig und weiß, wie sie tickt. SN: Wie denn? Lindsey steht für unbändiges Arbeiten. Am Anfang war es für mich eine Sensation, dass jemand so viel in den Sport und für den Erfolg investiert. Sie hat immer so viel mehr trainiert als alle anderen. Als wir uns um fünf Uhr früh zur Streckenbesichtigung getroffen haben, ist Lindsey schon eine Stunde am Ergometer gesessen. So eine Einstellung pusht dich als Trainer. Da weißt du, dieser Athletin bist du den letzten Einsatz schuldig, um ihren Ansprüchen gerecht zu werden. SN: Es gibt wohl keinen Trainer, der mit zwei solchen Ausnahmeathletinnen arbeiten durfte. Ich hatte dieses Glück und das sehe ich als Privileg. Wenn du diese Ausnahmetalente nicht hast, kannst du zwar etwas bewegen, aber du kannst nicht aus dem Nichts erfolgreiche Sportler heranzüchten.
SN: Wie unterscheiden sich Vonn und Shiffrin? Sie sind von der Zielsetzung her sehr ähnlich, vom Typ her aber unterschiedlich. Auf Details will ich aber nicht eingehen (lacht). Mika hast du nie allein, sondern immer zusammen mit ihrer Mutter. Bei Lindsey war das immer anders. Außerdem habe ich mit Mika, außer bei Speedrennen und -trainings, nicht so einen engen Kontakt, weil sie ihr eigenes Team um sich hat. SN: Bei zwei Superstars aus derselben Nation kann sich leicht ein Kampf von Platzhirschen ergeben. Habt ihr dieses Problem gar nicht? Eigentlich nicht. Beide sind zwar starke Persönlichkeiten, aber sie treffen sich wegen der unterschiedlichen Disziplinen im Training und bei den Rennen nur sehr selten. Außerdem trainieren sie ganz unterschiedlich. Mika trainiert, trainiert, trainiert. Sie ist jung und kann das machen. Bei Lindsey ist das wie erwähnt anders. Sie ist im Speedbereich die klare Nummer eins, Mika im Technikbereich. Von dem her gibt es keinen Zickenkampf, sondern jede geht ihren Weg. SN: Was sehen Sie als größten Unterschied zwischen dem US-Verband und dem ÖSV? Dass man in den USA medial nicht so einen Druck hat, weil der Skisport bei Weitem nicht den Stellenwert hat wie in Österreich. Ich konnte immer ruhig arbeiten.