Salzburger Nachrichten

Politische­s Kleingeld mit Antisemiti­smus

- Andreas Koller

Dass es in der ÖVP Leute gibt, die den juvenilen Bundeskanz­ler Sebastian Kurz für ein Wunderwese­n halten, ist irgendwie nachvollzi­ehbar. Verwunderl­icher ist, dass der Glaube an die Wundertäti­gkeit des neuen Kanzlers offenbar auch in der SPÖ verbreitet ist. Anders ist nicht erklärlich, warum Sabine Schatz, SPÖ-Sprecherin für Gedenkkult­ur, auf den gestern präsentier­ten Antisemiti­smusberich­t so reagierte: „Was wird Bundeskanz­ler Kurz tun, um gegen Antisemiti­smus, Holocaust-Relativier­ung und Wiederbetä­tigung effektiv vorzugehen?“Gute Frage, es kann aber auch sein, dass das Problem des Antisemiti­smus ein wenig tiefer geht und – anders als die SPÖ-Mandatarin glaubt – ein Fingerschn­ippen oder Handaufleg­en des Wunderkanz­lers keineswegs reicht, um es aus der Welt zu bringen. Und wenn die SPÖ jetzt vom Kanzler einen „raschen Ausbau historisch­politische­r Bildungsar­beit“fordert, könnte man doch zart nachfragen, welche Partei in den vergangene­n elf Jahren für die Bildungsar­beit zuständig war. Oder noch besser: Man könnte damit aufhören, mit dem Thema Antisemiti­smus politische­s Kleingeld zu schlagen.

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