Politisches Kleingeld mit Antisemitismus
Dass es in der ÖVP Leute gibt, die den juvenilen Bundeskanzler Sebastian Kurz für ein Wunderwesen halten, ist irgendwie nachvollziehbar. Verwunderlicher ist, dass der Glaube an die Wundertätigkeit des neuen Kanzlers offenbar auch in der SPÖ verbreitet ist. Anders ist nicht erklärlich, warum Sabine Schatz, SPÖ-Sprecherin für Gedenkkultur, auf den gestern präsentierten Antisemitismusbericht so reagierte: „Was wird Bundeskanzler Kurz tun, um gegen Antisemitismus, Holocaust-Relativierung und Wiederbetätigung effektiv vorzugehen?“Gute Frage, es kann aber auch sein, dass das Problem des Antisemitismus ein wenig tiefer geht und – anders als die SPÖ-Mandatarin glaubt – ein Fingerschnippen oder Handauflegen des Wunderkanzlers keineswegs reicht, um es aus der Welt zu bringen. Und wenn die SPÖ jetzt vom Kanzler einen „raschen Ausbau historischpolitischer Bildungsarbeit“fordert, könnte man doch zart nachfragen, welche Partei in den vergangenen elf Jahren für die Bildungsarbeit zuständig war. Oder noch besser: Man könnte damit aufhören, mit dem Thema Antisemitismus politisches Kleingeld zu schlagen.