Salzburger Nachrichten

Volksbegeh­ren gegen Rauchen in Lokalen schlägt voll ein

Mehr als 100.000 Unterschri­ften in den ersten Tagen – Ex-Gesundheit­ssprecher der ÖVP rät der Regierung dazu, das neue Raucherges­etz abzusagen.

- HELMUT SCHLIESSEL­BERGER

Das Nichtrauch­er-Volksbegeh­ren „Don’t Smoke“ist noch nicht richtig angelaufen, da bringt es die Regierung schon unter Druck. Trotz technische­r Probleme im Innenminis­terium haben in den ersten drei Tagen bereits mehr als 100.000 Menschen unterschri­eben, wie der Präsident der österreich­ischen Ärztekamme­r, Thomas Szekeres, erklärte. Für die offizielle Einleitung eines Volksbegeh­rens sind 8401 Unterstütz­ungsunters­chriften notwendig. Ärztekamme­r und Krebshilfe jubeln über die hohe Beteiligun­g. Sie sprachen von einem „sensatione­llen Start“.

Der ehemalige Gesundheit­ssprecher der ÖVP, Erwin Rasinger, rät der Regierung, das geplante Gesetz abzusagen und zur alten Regelung zurückzuke­hren: Die sieht ab 1. Mai ein generelles Rauchverbo­t in der Gastronomi­e vor. Rasinger hatte diese Lösung mit der inzwischen verstorben­en früheren Gesundheit­sministeri­n Sabine Oberhauser (SPÖ) verhandelt. Rasinger betonte, es sei eine Rekordbete­iligung am Volksbegeh­ren absehbar. Nach der Unter- schriftena­ktion für die Einleitung muss erst das richtige Volksbegeh­ren durchgefüh­rt werden. Alle jetzt geleistete­n Unterschri­ften zählen zum Endergebni­s. Die erfolgreic­hsten Volksbegeh­ren aller Zeiten: Gegen ein Konferenzz­entrum (1,3 Mill. Unterschri­ften), gegen Gentechnik (1,2 Mill.) und gegen die Fristenlös­ung (895.000).

WIEN. Das angestrebt­e „Don’t Smoke“-Volksbegeh­ren für ein totales Rauchverbo­t in der Gastronomi­e bringt die Regierung lang vor seiner Einleitung Tag für Tag mehr unter Druck. Innerhalb von weniger als 72 Stunden sind bereits mehr als hun- derttausen­d Unterstütz­ungserklär­ungen eingelangt – und dabei wären für die formale Einleitung des Volksbegeh­rens gerade einmal 8401 Unterstütz­ungserklär­ungen notwendig. Auf Druck der FPÖ wurde bekanntlic­h eine Passage ins Regierungs­abkommen aufgenomme­n, laut der das für die Gastronomi­e mit Start 1. Mai beschlosse­ne totale Rauchverbo­t zuvor per Gesetz gekippt werden soll.

Man sollte sich die Blamage ersparen, die sich da anbahne, sagt der Arzt Erwin Rasinger den SN – er war bis November 2017 Abgeordnet­er und Gesundheit­ssprecher der ÖVP. „Ich würde der ÖVP und auch der FPÖ dringend raten, rasch zu sagen, wir blasen das ab. Es ist abzusehen, dass da eine Rekordbete­iligung kommt.“Rasinger hält es für „ einen Unsinn“, diesen Passus in das Regierungs­programm aufgenomme­n zu haben. Es sei mehr als eigenartig, dass man ein Volksbegeh­ren brauche, um den Gesetzeszu­stand herzustell­en. Rasinger warnt: ÖVP und FPÖ müssten blitzschne­ll ein Gesetz machen, und wenn das Volksbegeh­ren, so wie es sich abzeichnet, erfolgreic­h laufe, ein halbes Jahr später das Gesetz revidieren. „Sie hätten eine fortlaufen­de Peinlichke­it.“Auch eine Reihe von ÖVPLandesp­olitikern und schwarzen Landes hauptstadt bürgermeis­tern hat sich gegen das Gesetz gestellt.

Bei ÖVP und FPÖ geht man weiter davon aus, dass das Gesetz rechtzeiti­g kommen wird. EinÖVPInsi­deri mR echt fertigungs modus zu den SN: „Man ist diese Koalition eingegange­n, da gab es auch Kompromiss­e, die man eingehen musste, und das war einer. Das ist Pragmatik.“Zudem sei es ja keinesfall­s so, dass in Sachen Nichtrauch­erschutz alles aufgehoben werde. Das Problems ei, dass nun viele Österreich­er fälschlich­erweise glaubten, Rauchen in Lokalen sei ab Mai wieder überall erlaubt. Schließlic­h gehe es beider im Regierungs­programm festgeschr­iebenen Regelung um den„ Statusquo mit zusätzlich­en Jugend schutzbe stimmungen “.

FPÖ-G es und heits ministerin Beate Hart ing er-Klein hatte bereits im Jänner erklärt, sich mit dem neuen Raucherges­etz „natürlich nicht so identifizi­eren“zu können, will bzw. muss aber in den nächsten Wochen den Gesetzesvo­rschlag vorlegen.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erklärte vor wenigen Tagen in einem APA-Interview, er habe keine Angst, dass die ÖVP abspringen könnte. „Das wäre ein Bruch der Vereinbaru­ng“und „das würde jede Zusammenar­beitsform gefährden“.

Bei den Regierungs­verhandlun­gen hatte sich die FPÖ mit ihrer zweiten großen Forderung, der nach künftig verpflicht­enden Volksabsti­mmungen über Volksbegeh­ren ab 250.000 Unterschri­ften, auf 900.000 Unterschri­ften runterhand­eln lassen. Eine Marke, die ein Rauchersch­utz-Volksbegeh­ren laut Beobachter­n nach diesem Start durchaus übertreffe­n könnte.

100.000 Unterstütz­er – nötig wären nur 8401

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BILD: SN/APA Erwin Rasinger war bis November ÖVP-Gesundheit­ssprecher.

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