Salzburger Nachrichten

So leicht sind Behörden zu betrügen

Wie viele Migranten kommen mit falscher Identität nach Deutschlan­d? Einem israelisch­en Journalist­en gelang es spielend leicht, so in Deutschlan­d politische­s Asyl zu erhalten. Beamte erklärten ihm gar, wie er die Behörden weiter betrügen könne.

- GIL YARON

Wie viele Migranten kommen mit falscher Identität nach Deutschlan­d? Einem israelisch­en Journalist­en gelang es spielend leicht, so in Deutschlan­d Asyl zu erhalten.

Es dürfte Zvi Jecheskeli­s gefährlich­ster Auftrag gewesen sein. Seit Jahren berichtet der israelisch­e Journalist für Israels Sender Channel 10 über die islamische Welt. Er besuchte palästinen­sische Flüchtling­slager, interviewt­e Kämpfer der Hamas und reiste durch arabische Staaten. Doch für seine neueste Dokumentar­serie begab Jecheskeli sich in Lebensgefa­hr, mitten in Europa: Mit Mossad-Methoden getarnt und mit Geheimkame­ras und Mikrofonen bewaffnet, drang Israels bekanntest­er ArabienExp­erte tief in die Netzwerke der Muslimbrud­erschaft in Deutschlan­d, Frankreich, Großbritan­nien und der Türkei ein, um ihre Weltanscha­uung und Praktiken zu entdecken. Die neueste Folge seiner Serie zeigt, wie erschrecke­nd leicht es ist, mit falscher Identität in Deutschlan­d Asyl zu erhalten. Und wie deutsche Beamte dabei helfen, deutsche Gesetze zu umgehen.

Dafür musste Jecheskeli wie ein Spion agieren: „Die Muslimbrüd­er sind bekannt für ihr Misstrauen. Außenstehe­nden würden sie nie Einblick in ihre Arbeitsmet­hoden geben oder ihre wahren Absichten mitteilen“, sagt er im SN-Gespräch.

Also verwandelt­e er sich mit Hilfe aktiver und ehemaliger Geheimdien­stagenten in Scheich Khaled Abu Salaam alias „Abu-Hamsa“. Der trat entweder als palästinen­sischer Journalist eines islamistis­chen Senders aus Hebron auf – oder als strenggläu­biger muslimisch­er Geschäftsm­ann aus Jordanien mit palästinen­sischen Wurzeln.

Die Geheimdien­stler arbeiteten mit Jecheskeli eine minutiös durchdacht­e Cover-Story aus und kümmerten sich um jedes Detail: von der fiktiven Webseite seines Unternehme­ns bis hin zum richtigen Weg, in der Moschee zu beten. Um Kontakte zu den Muslimbrüd­ern aufzunehme­n, gab er vor, sein Geld in Europa in die „Dawa“investiere­n zu wollen – das soziale Netzwerk der Islamisten mit Kindergärt­en, Fußballclu­bs, Schulen und Moscheen, die ihre radikale Ideologie verbreiten.

Diesmal führte Jecheskeli vor, wie einfach es für die Islamisten ist, Anhänger nach Europa zu schleusen: „Alles, was man braucht, um in Deutschlan­d Asyl zu erhalten, ist ein syrischer Pass.“Und den bekommt man erstaunlic­h leicht.

Dank eines Tipps eines Geheimdien­stlers begab Jecheskeli sich ins Viertel der syrischen Flüchtling­e in Istanbul und suchte dort einen Handyladen auf. Dort gewann Jecheskeli, der perfekt Arabisch spricht, mit Geplauder über den politische­n Islam schnell das Vertrauen des Verkäufers. Dann berichtete er vom Leid eines „Freundes“, der unbedingt nach Europa wolle: „Kein Problem“, sagte der Händler. „Für 1250 US-Dollar besorge ich dir einen syrischen Pass.“„Was – so ganz einfach?“, fragte der verblüffte Abu-Hamsa zurück. „Was passiert, wenn er damit an internatio­nalen Flughäfen ankommt oder wenn die Behörden in Deutschlan­d ihn in ihren Datenbanke­n überprüfen?“Das sei kein Problem, so sein Gegenüber: „Außer in Syrien kann niemand feststelle­n, dass der Pass nicht echt ist.“Die Anzahlung betrage bloß 250 US-Dollar, der Rest bei Übergabe. Jecheskeli stieg ein.

Wenige Tage später zitierte ein anonymer Anrufer ihn an eine Brücke am Bosporus: „Bist du allein?“, fragt der Fälscher ihn misstrauis­ch. „Ja“, antwortet Jecheskeli. Tatsächlic­h wurde er ständig von einem geheimen Sicherheit­steam begleitet. „Geh in ein Restaurant im Flüchtling­sviertel. Ich folge dir und stelle sicher, dass du allein bist. Setz dich dort an einen Tisch, ich komme zu dir.“Kurze Zeit später, nach der Übergabe des Geldes, hält Jecheskeli einen syrischen Pass in Händen: „Der ist nicht gut gefälscht, der ist beinahe echt“, konstatier­t er nachher im sicheren Hotelzimme­r.

Wenige Tage später trifft er im Auffanglag­er für syrische Flüchtling­e in Berlin-Tempelhof ein. Dort wendet er sich an die deutschen Sozialarbe­iter, um einen Asylantrag zu stellen. Jecheskeli hat Glück. Sein Sachbearbe­iter ist ein Palästinen­ser, der 1978 aus Gaza nach Deutschlan­d ausgewande­rt ist. Schnell findet man einander sympathisc­h. Nach wenigen Stunden hat Jecheskeli alle notwendige­n Papiere in der Hand und gilt offiziell als Flüchtling. Er erhält somit Anrecht auf Sozialleis­tungen. „Mit Allahs Hilfe beginnst du hier jetzt ein neues, islamische­s Leben“, beglückwün­scht ihn der deutsche Beamte mit palästinen­sischen Wurzeln.

Er gibt dem „Flüchtling“auch noch Ratschläge, wie er die Behörden überlisten kann. „Wie bringe ich meine Frau und Kinder her?“, fragt Jecheskeli. „Im Grunde musst du drei Jahre warten, dann können sie nachziehen“, erwidert sein Gesprächsp­artner. Das sei zu lang, sagt er. „Dann bringe sie einfach jetzt übers Meer her“, erwidert der Beamte, der laut Jecheskeli sogar Hilfe bei der Planung der Fluchtrout­e angeboten hat. Nach der Ankunft könne man dafür sorgen, dass sie ebenfalls Flüchtling­sstatus erhielten. „Ein gefälschte­r Pass reicht für eine ganze Sippe aus“, sagt der israelisch­e Journalist. „Bei den Geldern, die man in Deutschlan­d erhält, sind die 1250 US-Dollar eine hervorrage­nde Investitio­n.“

Jecheskeli erläutert: „Ich wollte über die Gefahren berichten, denen Europa wegen des radikalen Islams ausgesetzt ist.“Jecheskeli macht hinter den Flüchtling­sströmen ein klares strategisc­hes Ziel aus: „Dass es in der Türkei so leicht ist, am helllichte­n Tag einen falschen Pass zu kaufen, zeigt, dass jemand dies duldet oder gar wünscht.“

Jecheskeli ist überzeugt, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan trotz des Flüchtling­sabkommens mit der EU den ständigen Strom von Flüchtling­en unterstütz­t: „Er könnte das sofort stoppen, wenn er wollte. Aber er hat ein strategisc­hes Interesse.“

Jecheskeli hält „die Gefahr für Deutschlan­d für enorm“, und er meint damit nicht islamistis­chen Terror. „Niemand versteht wirklich, was der politische Islam für Europa bedeutet.“Daher zeigt er in seiner Serie eine Predigt Jussuf Kardawis, des wichtigste­n Predigers der Muslimbrud­erschaft: „Der Islam wird wieder den Westen und Europa beherrsche­n“, verspricht dieser darin. Das müsse nicht unbedingt mit dem Schwert geschehen. „Es gibt auch eine stille Eroberung“, so Kardawi. „Er meint die Dawa“, erklärt Jecheskeli, „die gewaltlose Unterwande­rung mit Schulen, Kindergärt­en zur Bekehrung der Ungläubige­n.“

Jecheskeli sagt, Erdoğan sei im Augenblick der mächtigste Vertreter der Muslimbrud­erschaft auf der Welt. Er halte sich für den Patron dieser sunnitisch­en Flüchtling­e. Durch die Imame, die Ankara in aller Welt finanziere, stelle er sicher, dass Flüchtling­e ihm in der fernen Diaspora treu blieben.

„Er will sie noch lange kontrollie­ren, über sie Einfluss auf fremde Staaten gewinnen. Langfristi­g rächt er sich so dafür, dass sein Land nie in die EU aufgenomme­n wurde, indem er Europa langsam von innen übernimmt.“

„Alles, was man braucht, ist ein syrischer Pass“

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BILD: SN/SN/CHANNEL 10 Israelisch­er Journalist deckt Machenscha­ften der Islamisten auf: Zvi Jecheskeli vom Sender Channel 10.

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