Zwei Zahnärzte arbeiten in der Steppe
Ein Sessel und ein Tisch reichen den Zahnärzten Julia Flessa und Andreas Gründlinger zum Arbeiten. Sie reisen neun Monate um die Welt und helfen dabei Menschen in Entwicklungsländern.
Die Patienten kommen meist zu Fuß über beschwerliche Wege zu ihnen. Um ihnen helfen zu können, reicht den jungen Zahnärzten ein Tisch oder ein Plastiksessel. Weil ihnen nur eine begrenzte Auswahl an Instrumenten zur Verfügung steht, könnten sie auch nur Füllungen machen oder Zähne ziehen, erzählen die beiden. „Die Herausforderung dabei ist oft, den Patienten überhaupt aufzuklären, warum ein Zahn nun entfernt werden muss und warum keine Füllung mehr möglich ist“, berichten die beiden, die sich derzeit auf den Philippinen aufhalten.
„Die Patienten haben manchmal noch nie eine Zahnbürste richtig angewendet, weil sie es schlichtweg nicht besser wissen oder gelernt haben. Sie wissen auch nicht, welche Risiken die Zähne für den gesamten Organismus darstellen, wenn sich dort eine Infektion befindet.“Das bedeutet für die jungen Mediziner viel Aufklärungsund Informationsarbeit, bevor sie mit der Arbeit beginnen können. „Dazu haben wir meist einen Übersetzer an unserer Seite, den wir am Einsatzort selbst organisiert haben.“
Viele Menschen hätten mehr Angst vor einer Spritze als vor der eigentlichen Behandlung. Das Gefühl der Taubheit sei ihnen unheimlich, erklären die Zahnärzte. „Sie haben Angst, dass es nicht mehr aufhören könnte.“Oft dient den beiden als einzige Lichtquelle ihre Stirnlampe. Das Licht ist aber häufig auch zu schwach. Und Zucker sei auch überall vorhanden, aber niemand sorge sich um die gesundheitlichen Folgen. In der Werbung werde den Menschen in Entwicklungsländern zudem ein Lebensstandard vorgegaukelt, der gar nicht auf Europa zutreffe. „Es herrscht teilweise ein sehr falsches Bild der Europäer“, sagen die beiden Zahnmediziner.
Warum sie sich aufgemacht haben, um zu helfen, ist schnell erklärt: „Wir möchten etwas zurückgeben, weil wir dankbar für unser wohlbehütetes Leben in Europa sind“, begründen die beiden. Sie seien dankbar für ein gutes Gesundheitssystem, einen Staat, auf den man sich verlassen könne – mit gut ausgebauter Infrastruktur und dass die Grundbedürfnisse wie frisches Wasser oder Bildung immer gedeckt seien. „Ältere Generationen haben für diesen Standard viel geopfert und uns diesen erarbeitet, doch viele Menschen, vor allem in unserer Generation, wissen gar nicht mehr, was sie an all diesen Dingen haben.“ Vielen sei nicht mehr bewusst, wie gut es ihnen gehe.
Auch wenn Zähneziehen und Spritzen weh tun, sind die Menschen froh über jede Hilfe. „Die Bevölkerung von Tansania ist uns sehr freundlich und hilfsbereit begegnet. Unsere Arbeit wird mit offenen Armen empfangen und wertgeschätzt.“Nur die tansanische Regierung habe ihnen das Leben schwer gemacht. Sie hätten angeblich das falsche Visum beantragt, hieß es. Freiwillige Helfer seien der Regierung ein Dorn im Auge. „Sie drohten, uns zu inhaftieren, und suchten jedes Haus nach uns ab. Gott sei Dank rief uns der Arzt einige Tage vorher an, dass wir nicht zurückkommen sollten – unserer Sicherheit zuliebe.“
Von solchen Hindernissen lassen sich Julia Flessa und Andreas Gründlinger aber nicht aufhalten. Denn sie sind schließlich für jene Menschen unterwegs, die sich eine Behandlung nicht leisten können, und bekommen auch viel zurück. „Wir sind beeindruckt von der Herzlichkeit der Menschen und von der atemberaubenden Landschaft, wie wir sie in Tansania oder Uganda gesehen haben.“Bis Juni sind die beiden noch unterwegs. Nach den Philippinen werden sie für Hilfsprojekte in Nepal im Einsatz sein. Im Gepäck werden sie dann viele wertvolle Erfahrungen haben, von denen ihre zukünftigen Patientinnen und Patienten nur profitieren werden.