Lettischer Notenbankchef in Haft
Verdacht auf Korruption. Regierungschef: „Finanzsystem nicht gefährdet.“
Lettlands Zentralbankchef und EZB-Ratsmitglied Ilmārs Rimšēvičs ist nach Regierungsangaben durch die Antikorruptionsbehörde KNAB festgenommen worden, vorübergehend, wie es hieß. Das habe die Behörde selbst mitgeteilt, heißt es in einer Erklärung von Ministerpräsident Māris Kučinskis, die Reuters am Sonntag per E-Mail erhielt. „Es gibt keinen Hinweis darauf, dass dadurch das Finanzsystem Lettlands gefährdet werden könnte.“
Obwohl sich weder die Regierung noch die Antikorruptionsbehörde zu den Vorwürfen gegen Rimšēvičs äußerten, wurden erste Rücktrittsforderungen laut. Die Europäische Zentralbank (EZB) lehnte eine Stellungnahme zu dem Vorfall ab. Bereits am Freitag hatten Ermittler die Wohnung und das Büro des Zentralbankchefs durchsucht. Grund dafür sei Korruptionsverdacht gewesen, berichtete das staatliche Fernsehen. Ein Sprecher der Zentralbank bestätigte die Durchsuchung durch KNAB-Mitarbeiter, nannte aber keine Details. Rimšēvičs (52) steht seit 2001 an der Spitze der Notenbank. Seit dem Beitritt Lettlands zur Euro-Zone im Jänner 2014 ist er zudem Mitglied des EZB-Rats.
Der lettische Wirtschaftsminister Arvils Ašeradens legte Rimšēvičs den Rücktritt nahe. Die Logik gebiete es, dass der Gouverneur der Zentralbank, einer der ranghöchsten Vertreter des Landes, ernsthaft über die Aufgabe seines Amts nachdenken müsse, sagte Ašeradens dem Sender Radio Lettland.
Die Festnahme des Chefs der unabhängigen Zentralbank ist ein weiterer Rückschlag für das lettische Bankensystem. So wirft die – für die Ermittlung von Finanzkriminalität zuständige – US-Behörde FinCEN dem drittgrößten lettischen Geldhaus ABLV Bank systematische Geldwäsche vor. FinCEN hatte kürzlich erklärt, sie prüfe Sanktionen gegen die ABLV. Die Bank ermögliche es zudem ihren Kunden, von der UNO gegen Nordkorea verhängte Sanktionen zu unterlaufen. Die ABLV sprach dagegen von unbewiesenen und irreführenden Informationen.