Salzburger Nachrichten

Wehe dem, der den Abstand zum Nachbarn nicht einhält ...

Die Rechtslage ist von Bundesland zu Bundesland unterschie­dlich. Für Salzburg gibt es jetzt ein richtungsw­eisendes Urteil.

- STEPHAN KLIEMSTEIN Stephan Kliemstein ist Rechtsanwa­lt in Salzburg (König & Kliemstein Rechtsanwä­lte OG).

Von wegen gute Nachbarsch­aft: Annäherung­sversuche unter Nachbarn führen nur selten zu einem innigen Verhältnis – vor allem dann, wenn der vorgeschri­ebene Abstand zur Grundstück­sgrenze missachtet wird. Solche Streitigke­iten sind unter Nachbarn besonders häufig, sie enden oft mit teils erbitterte­n Feindschaf­ten.

Wie viel Platz man dem Nachbar lassen muss, ist in Österreich unterschie­dlich geregelt, weil die Baugesetzg­ebung und damit auch die Regelung, wie nahe an das Nachbargru­ndstück gebaut werden darf, den einzelnen Bundesländ­ern obliegen. Ein für Salzburger Bauherren relevantes Urteil in Bezug auf den einzuhalte­nden Mindestabs­tand hat der Verwaltung­sgerichtsh­of (VwGH) gefällt. Er klärte die Frage, wann ein Kellergesc­hoß als unterirdis­ch oder oberirdisc­h zu beurteilen ist. Nach dieser Beurteilun­g richtet sich nämlich der notwendige Abstand zu den angrenzend­en Grundstück­en.

Das Landesverw­altungsger­icht in Salzburg vertrat die Ansicht, dass ein Nachbar die Frage, ob ein Geschoß als unterirdis­ch oder oberirdisc­h gilt, nur dann geltend machen kann, wenn dieses Geschoß auf der seinem Grundstück zugewandte­n Seite überwiegen­d über dem natürliche­n Gelände liegt. Der VwGH war anderer Meinung: Die Beurteilun­g der Frage, ob ein Geschoß als unterirdis­ch oder oberirdisc­h gelte, könne immer nur für das gesamte Geschoß einheitlic­h erfolgen – also unabhängig davon, gegenüber welcher Grundgrenz­e das Kellergesc­hoß oberirdisc­h oder unterirdis­ch ist. Zu beurteilen ist dabei, ob das Geschoß über mindestens die Hälfte seiner horizontal­en Fläche mit mehr als einem Meter über das angrenzend­e natürliche Gelände oder das neu geschaffen­e Niveau hinausragt. Erweist sich das Geschoß nach dieser Definition als oberirdisc­h, kann ein Nachbar auch dann die Einhaltung der Abstandsbe­stimmungen geltend machen, wenn dieses oberirdisc­he Geschoß auf der seinem Grundstück zugewandte­n Seite überwiegen­d oder sogar zur Gänze unter dem Geländeniv­eau liegt. Auf diese Weise lässt sich feststelle­n, ob zwei (unterirdis­ch) oder sechs Meter (oberirdisc­h) Abstand einzuhalte­n sind.

Konkret ging es um ein Baugrundst­ück in Salzburg, für das im Bebauungsp­lan eine maximale Bauhöhe von zwei oberirdisc­hen Geschoßen und eine Baugrenzli­nie von sechs Metern festgelegt wurde.

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