Als mir der Präsident die Hand geschüttelt hat
Oft kommt es nicht vor, dass sich Politiker bei Journalisten bedanken. Doch hier in Südkorea ist vieles anders als daheim, dies hat uns unser zweiwöchiger Aufenthalt schon gelehrt. So war es auch keine große Überraschung, als Samstag plötzlich eine Nachricht kam, wonach Südkoreas Präsident Moon Jae In das Pressezentrum besuchen würde, um „Worte der Ermutigung“zu sprechen. Davon kann man ja bekanntlich nicht genug haben. Für Menschen, die noch nie in einem Pressezentrum waren, ist das kurz erklärt: Hier sitzen Hunderte Journalisten und Fotografen wie Hühner auf der Legebatterie nebeneinander, trinken literweise lauwarmen Kaffee und klopfen wie Autisten stundenlang in ihre Laptops. So sitzt man auch in Pyeongchang in einem riesigen Kongresssaal in rund 20 bis 25 Reihen. Vom Eintreffen des Präsidenten kündete ein ganzes Heer von emsigen Männern in schwarzen Anzügen, als das Verhältnis Reporter und Sicherheitsleute dann 50:50 war, kam der Herr Präsident hereinspaziert. In dem Moment war auch schon ein Seil hinter mir gespannt, es blieb gerade so viel Platz, dass man sich zwischen Schreibtischplatte und Seil umdrehen konnte und einer der schwarzgekleideten Herren erklärte, dass der Präsident durch diese Reihe spazieren würde. Das tat er auch hurtigen Schrittes, bis etwa fünf Sitze neben mir plötzlich ein koreanischer Kollege die Hand ausgestreckt hat und der Herr Moon den Händedruck erwiderte. Das tat er nun die ganze Reihe entlang und Ihr Berichterstatter war so verblüfft, dass er ihm weder ein gutes Neues Jahr gewünscht, noch eine unterwürfige Verneigung zusammengebracht hat, von einem scharfen Handybild ganz zu schweigen. Es folgte eine kurze Ansprache, in der er sich für die Arbeit bedankt hat, speziell für den Einsatz sogar am zweiten Neujahrstag in Korea (gibt es in Korea eigentlich Überstundenzuschlag?), das 5GInternet gelobt hat (das ist aber letzten Dienstag ausgefallen, wir wollten es nur einmal so gesagt haben) und die Spiele als Friedensspiele bezeichnet hat. „Nordkoreas Teilnahme war ein erster Schritt, ein zweiter wären direkte Gespräche mit den USA.“So wehte zwischen Curling und Langlauf auch ein Hauch Weltpolitik durch den Pressesaal. Dann bedankte sich Herr Moon Jae In und meinte: „Ich gehe jetzt wieder, denn Sie müssen ja arbeiten.“Wirklich ein Politiker, der mitdenkt.