Ein erfolgreiches Wochenende für Österreich
Marcel Hirscher gewinnt den Olympia-Riesentorlauf – mit dem größten Vorsprung in dieser Disziplin seit 1968. Auch die Konkurrenz verneigt sich vor der Dominanz des Salzburgers.
Salzburgs Ski-Idole Marcel Hirscher und Anna Veith haben bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang die Medaillen neun und zehn für Österreich gewonnen. Hirscher holte sich am Sonntag mit einem rekordverdächtigen Vorsprung im Riesentorlauf seine zweite Goldmedaille. Bitterer Beigeschmack für den ÖSV: Manuel Feller und Stefan Brennsteiner wurden in diesem Bewerb verletzt. Einen Tag zuvor hatte Anna Veith das oberste Podest im Super G nur um eine Hundertstelsekunde verpasst und war zu Silber gefahren.
Für einen ganz kurzen Moment wurde er sich selbst unheimlich. „Eigentlich ist es unglaublich, dass ich immer und immer wieder liefere“, meinte Marcel Hirscher nach dem sonntägigen Riesentorlauf in Pyeongchang, den er mit dem größten Vorsprung seit 1968 in der Disziplin bei Olympia gewonnen hat. 1,27 Sekunden hatte er am Ende auf den zweitplatzierten Norweger Henrik Kristoffersen, der nach einem misslungenen ersten Lauf Rang zwei gerettet hatte – für ihn das Maximum. „Mehr ist derzeit im Riesentorlauf nicht möglich. Wir fahren nur um die Ränge zwei und drei, denn Hirscher ist in einer eigenen Liga.“
Doch warum Hirscher in einer eigenen Liga fährt, das wird klar, wenn man seinem Trainer Mike Pircher zuhört. „Eigentlich haben wir alle geglaubt, dass mit der ersten Goldenen der Druck weg ist und wir locker an die Sache herangehen können. Doch das Gegenteil war der Fall, der Druck und die Anspannung im Team waren noch größer als vor dem ersten Gold.“Denn: „Dieses Gold wollte ich unbedingt haben. Wenn man die ganze Saison eine Disziplin gut fährt, dann will man dieses Rennen auch gewinnen“, meinte Hirscher.
Die Anspannung ist entstanden, weil das Team erst am Samstag erstmals die Rennstrecke in Yong Pyong befahren konnte. „Zuvor habe ich nicht gewusst, was mich hier erwartet“, sagt Hirscher, aber man konnte annehmen, dass er für alle Eventualitäten einen Plan B parat hatte. Samstagnachmittag absolvierte Hirscher dann drei Läufe auf dem Rennhang. „Da habe ich gesehen: Der Rennski pfeift, da war ich erstmals erleichtert.“Das zweite Mal war er Sonntag nach dem ersten Lauf erleichtert. „Ich habe gesehen, dass es so funktioniert, wie ich mir das vorgestellt habe.“
Der zweite Lauf war bis auf ein zu schnell angesteuertes Tor eine Routinesache. Das wollte er auch nicht bestreiten. „Die Routine, die ich in all den Jahren angesammelt habe, die hilft mir in solchen Momenten.“Einer dieser angesprochenen Momente kam zwischen den Läufen: „Da kamen mir viele Gedanken, aber ich habe mir gedacht: Auf das Spiel lasse ich mich jetzt nicht ein.“
Jetzt hat Hirscher zwei Goldmedaillen „und jede Medaille erzählt ihre eigene Geschichte“, wie er sagt. Die erste sei überraschend gekommen, die zweite habe er sich gewünscht. Gewünscht – nicht erwartet? „Erwarten tu ich mir nichts.“
Hirschers Matchplan geht ganz exakt weiter, nach der gestrigen Feier gibt es heute einen freien Tag, dann startet die Vorbereitung auf den Slalom am Donnerstag. Sein unmittelbarer Servicemann ist der Lungauer Thomas Graggaber und der weiß, was auf ihn zukommt. „Ich glaube, wir fangen für den Slalom von null an, so würde ich jedenfalls Marcel einschätzen.“
Doch die letzten zwei Wochen haben auch an dem scheinbar unermüdlichen Marcel Hirscher Spuren hinterlassen. „Jetzt spüre ich, dass ich müde werde“, meinte der Doppel-Olympiasieger – und zwar körperlich und mental. Auch die Küche hier in Korea hat er bei allem Respekt für das Land schon zur Genüge genossen. „Es tut mir leid, liebe Asiaten, aber ich habe genug Reis gegessen.“
Den Abschluss bildet nun der Slalom am kommenden Donnerstag, dann geht es nach Hause – auf den abschließenden Teambewerb am Samstag wird Hirscher auf jeden Fall verzichten.
Ob er im Slalom die Bestmarke von Toni Sailer und Jean-Claude Killy einstellen möchte, die 1956 und 1968 je drei Goldmedaillen gewinnen konnten, wurde er in der Pressekonferenz gefragt. „Das ist mir egal“, sagte Hirscher regungslos. „Ich möchte jedes Rennen gewinnen, bei dem ich am Start stehe, nicht wegen der Rekorde, sondern für mich.“
„Ich will jedes Rennen gewinnen. Nicht wegen der Rekorde, sondern für mich.“Marcel Hirscher, Seriensieger