In Österreich wurden Kriegsfilme gefälscht
Historiker haben entdeckt: Ein Großteil der Filme aus dem Ersten Weltkrieg war nachgestellt.
Zwischen 1914 und 1918 wurden rund 1500 Filme in der Habsburger Monarchie produziert – zur Unterhaltung wie als Propaganda. Was dabei an Kampfhandlungen gezeigt worden sei, „war zum Großteil gefakt“, sagt der Historiker Hannes Leidinger. Er hat in einem vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt eine Filmografie über die österreichische-ungarische Filmproduktion während des Ersten Weltkriegs erarbeitet. Dafür hat er seit 2013 mit Filmarchiven in Österreich, Ungarn, Nachfolgestaaten und ehemaligen Nachbarländern der Habsburgermonarchie kooperiert. Die Forscher waren von Menge und Qualität der ins Projekt passenden Filme überrascht. Statt der erwarteten rund 200 Filme mit Kriegsbezug wurden in den Archiven rund 1500 gefunden – von Wochenschauen bis zu Kriegsfilmen. Ein Großteil der dargestellten Kriegshandlungen seien Fälschungen, erläutert Leidinger. Zeige die Kamera etwa in einem Moment frontal die nach vorn stürmenden österreichischen Soldaten, im nächsten aber die italienischen Truppen von hinten, wie sie Handgranaten in Richtung der Österreicher würfen, sei dies von Soldaten nachgestellt worden. Echte Kriegsszenen sehen unspektakulär aus, bei ruhigen und statischen Bildern wurde wohl scharf geschossen.
Obwohl das Militär immer stärker auf Filmpropaganda gesetzt habe, seien kriegsbezogene Filme ab der Mitte des Kriegs immer weniger populär geworden. „Das Publikum wollte abgelenkt werden“, sagt Leidinger. Deshalb seien ab 1916 immer mehr Unterhaltungsfilme produziert worden, vor allem in Ungarn. „In Klausenburg gab es ein richtiges kleines Bollywood.“Auch die Zensur sei in Ungarn nicht so streng wie in Österreich gewesen.
In einem Projekt erkunden die Historiker die Erinnerungskultur an den Ersten Weltkrieg und die Habsburgermonarchie von 1918 bis 2014. Hannes Leidinger stellt dabei eine „mentale und filmische Zerstückelung der Monarchie“fest. So habe Slowenien nur an die IsonzoFront erinnert, Rumänien an Transsilvanien, und Tschechien und Polen hätten über ihre Legionäre berichtet. Die Ergebnisse dieses Teilprojekts werden im Frühjahr in einem englischsprachigen Sammelband präsentiert.