Krise vor der Heim-WM
Die Qualität von Trainern und Athleten ist gegeben. Aber noch greift bei Österreichs Nordischen nicht jedes Rad ins andere.
Am Mittwoch reiste das Skispringer-Team heim nach Österreich. In Pyeongchang hatte die Mannschaft keine nennenswerten Spuren hinterlassen, einzig einen Offenbarungseid: Die noch bei der Vierschanzentournee gelebte Idylle war „gespielt“, wie selbst Cheftrainer Heinz Kuttin angemerkt hatte. Und die angekündigte Ursachenforschung im April muss längst über Individualanalysen hinausgehen. Auch bei Kombinierern und Biathleten geht es um Justierungen. Eine Ursachenforschung. Teamgedanke: Neben dem Cheftrainer geben bei den Skispringern vier Co-, Stützpunkt- oder Individualtrainer Tipps. Eine flache Hierarchie, in der keine Rollenverteilung ersichtlich scheint. Doch auch das Biathlon-Lager ist gespalten, neben der ÖSV-Gruppe fungieren die meisten Damen und zudem Simon Eder in der „Biathlon-Schmiede“. Beim Salzburger geht es vorrangig darum, dass sein Vater Alfred Eder Teil der Gruppierung ist, Sportdirektor Markus Gandler erteilte bis Olympia seine Zusage: „Ideal ist es bei harten Schlüsseltrainings aber nicht“, meinte Eders ehemaliger Teamkollege Christoph Sumann. Im Kombinierer-Lager ortet Olympiasieger Mario Stecher fehlendes Miteinander unterhalb der Nationalmannschaft: „Da wäre es wichtig, besser zusammenzuarbeiten.“ Trainerdiskussion: Bei den Biathleten sitzt Reinhard Gösweiner fest im Sattel, wie auch sein Sportdirektor Markus Gandler meint. Bei den Langläufern bleibt der ausgewiesene Experte Trond Nystad (NOR) in der Rolle des Koordinators und an Christoph Eugen (Kombination) scheint im Jahr vor der Heim-WM in Seefeld/Innsbruck auch keiner zu rütteln. Aus dem Springer-Lager vernimmt man unterschiedliche Töne, auf Anfrage reagiert man dort mit Verweisen auf die Saisonanalyse im Frühjahr: „Was die Springer betrifft, haben wir alles gesagt“, so Sportdirektor Ernst Vettori. Nachsatz: „Es ist noch keine Entscheidung gefallen, alles ist offen.“ Leistungsgefälle: Bei den Olympischen Winterspielen blieben die Langläufer im Rahmen der Erwartungen: Bei Teresa Stadlober waren die hoch, bei den Herren nicht. Die Kombinierer holten sich zumindest ihre Medaille, Leute wie David Pommer, Philipp Orter, Paul Gerstgraser oder Lukas Greiderer schieben nach. Bei den Biathlon-Herren passt die Struktur, Simon Eders Zukunft (Karriereende?) ist offen.
Anders die Situation bei den Biathlon-Damen, wo ein Neuanfang bevorstehen muss. Weniger die Schussleistung als die Zeitrückstände stimmen bedenklich. Im Sprint (7,5 km) lag Dunja Zdouc über zehn Prozent hinter der Siegerzeit – eine andere Liga. Bei Lisa Theresa Hauser, der Besten im Team, fehlt derzeit die Selbstverständlichkeit. TV-Experte Sumann: „Bei der Heim-WM 2017 in Hochfilzen klappte es nicht, aber jetzt hat sie schon das zweite Großereignis hintereinander nicht ihre Leistung gebracht.“
Bei den Skispringern liegt vieles im Ungewissen: Die Qualität ist bei Michael Hayböck und Stefan Kraft da, Rekord-Weltcupsieger Gregor Schlierenzauer hat die genauso – steht sich mit seiner Materialtüftelei und dem selbst auferlegten Druck selbst im Weg. Manuel Fettner und Manuel Poppinger (verletzt) rufen ihr Potenzial zu selten ab. Und die zweite Garde erhebt nicht den Anspruch, im Weltcup dabei sein zu wollen. Aufarbeitung ist gefragt – diesmal ohne Kompromisse.