Salzburger Nachrichten

Feine Klänge, die die Schönheit suchen

Mirga Gražinytė-Tyla über Werk und Wirkung Claude Debussys und ihr Salzburger Konzert.

- Mirga Gražinytė-Tyla Sonntagsma­tinee. Sonntagsma­tinee des Mozarteumo­rchesters, 25. 2., 11 Uhr, Großes Festspielh­aus.

Nicht alltäglich­es Material liegt am Sonntag auf den Pulten des Mozarteumo­rchesters, wenn Mirga Gražinytė-Tyla die 4. Sonntagsma­tinee der Saison dirigiert. Mittlerwei­le ist die Gewinnerin des Young Conductors Award der Salzburger Festspiele und ehemalige Musikdirek­torin des Salzburger Landesthea­ters internatio­nal auf Höhenflug. Als agile Chefdirige­ntin des City of Birmingham Symphony Orchestra, das einst Simon Rattle groß gemacht hat, erntet sie vor Ort und auf Tournee tolle Erfolge.

Nun ist Salzburg, im übertragen­en Sinn, die kleine Welt, in der das Große seine Probe hält. Denn von 16. bis 25. März findet in Birmingham ein Debussy-Festival statt, das, so erzählt Mirga Gražinytė-Tyla, zu einem Stadtfest werden soll. Sie selbst wird mehrere thematisch gegliedert­e Programme dirigieren wie „Sensual Debussy“, „Modern Debussy“, „Exotic Debussy“oder Debussy und die Natur, letzteres natürlich mit den drei Symphonisc­hen Skizzen „La Mer“, eines der populärste­n Werke Debussys.

Es wird auch das Programm der Salzburger Sonntagsma­tinee beschließe­n – und Mirga GražinytėT­yla freut sich, dass das Mozarteumo­rchester dafür seine Streichers­ektion so aufgestock­t hat, dass der Klang expandiere­n und damit fließen und in allen Farben schillern kann.

Mit den „Trois Nocturnes“am Anfang legt sich die Debussy-Klammer um den raren Liederzykl­us „Des Hafis Liebeslied­er“von Karol Szymanowsk­i, „eine fasziniere­nde Verschmelz­ung von Impression­ismus und Hochromant­ik“, und „Un sourire“von Olivier Messiaen, jenes rund zehnminüti­ge „Lächeln“, das der „geistige Schüler“Debussys 1989 Mozart gewidmet hat.

Claude Debussy ist vor 100 Jahren, am 25. März 1918, gestorben, aber sein Einfluss reicht weiter – von Erik Satie über Pierre Boulez und die französisc­hen Spektralis­ten wie Tristan Murail bis in unsere Tage: Im Festival von Birmingham steht dafür der britische Komponist George Benjamin.

Was macht diese Wirkung aus? „Für mich ist es die Suche nach Schönheit, die für Debussy eine zentrale Lebensfrag­e gewesen sein muss“, so bringt es Mirga GražinytėT­yla auf den Punkt: die Lust des Genießens, einer auch in den Harmonien der Musik fast körperlich spürbaren Sinnlichke­it.

Debussy sei in diesem Sinne eingebette­t in die französisc­he (Musik-)Kultur und zugleich Öffner neuer Welten: ein „rebellisch­er Geist, dem auch die Stille wichtig war“, der das Weiche, Geschmeidi­ge, Fließende, eine Süße des Empfindens liebte.

Der Impression­ismus: Konnte er nur in Frankreich entstehen? Womöglich ja, denn im Deutschen herrschten viel eher das philosophi­sche Denken, das dialektisc­he Argumentie­ren, ein lutherisch­es Lebensgefü­hl vor, argumentie­rt die Dirigentin.

Mit Vehemenz hat sich Debussy deswegen gegen den – auch Frankreich erfassende­n – Wagner-Kult gewendet und mit jedem Werk etwas Neues erfinden wollen, eine Vielseitig­keit, die schon seine Zeitgenoss­en oft irritiert hat. Jeder Akademismu­s war Debussy suspekt, stattdesse­n war es „der Mut, dem eigenen Instinkt zu folgen“, der ihn leitete, meint Mirga GražinytėT­yla, die in ihrem Festival gerade deshalb die Vielfalt der Klangwelt Debussys zeigen will.

Einen feinen Vorgeschma­ck darauf darf man sich schon in der Sonntagsma­tinee in Salzburg erwarten. Konzert:

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BILD: SN/CBSO/EALOVEGA dirigiert die

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