Salzburger Nachrichten

EU-Datenschut­z in heimischen Händen

Die Leiterin der Datenschut­zbehörde, Andrea Jelinek, kontrollie­rt die Umsetzung der neuen, strengen Regeln. Eine ungewöhnli­che Karriere.

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BRÜSSEL. Andrea Jelinek hat schon viele nicht ganz alltäglich­e Dinge gemacht. Die 57-jährige Juristin war die erste Frau, die ein Polizeikom­missariat in Wien geleitet hat, war Chefin der Wiener Fremdenpol­izei und steht seit 2014 an der Spitze der heimischen Datenschut­zbehörde.

Nun kommt noch eine europäisch­e Aufgabe dazu: Jelinek wurde zur Vorsitzend­en jenes Gremiums gewählt, das in der EU die Zusammenar­beit der Datenschut­zbehörden der 28 EU-Mitgliedss­taaten koordinier­t – und ab Ende Mai kontrollie­rt. Jelinek hat sich gegen ihren Kollegen aus Bulgarien durchgeset­zt, der einer ihrer Vertreter wird, und löst die Französin Isabelle Falque-Pierrotin ab. Ihr Mandat läuft fünf Jahre, danach könnte sie einmal wiedergewä­hlt werden.

Mit dem Inkrafttre­ten der EUDatensch­utz-Grundveror­dnung am 25. Mai wird der Datenschut­z in der EU deutlich verstärkt und vereinheit­lich. Die Umsetzung überwacht der Europäisch­e Datenschut­zausschuss, dem Jelinek künftig vorsteht. Die strengeren Vorschrift­en gelten nämlich nicht nur für Unternehme­n und öffentlich­e Stellen, sondern auch für die Kontrollbe­hörden. Eine der ersten und wichtigste­n Aufgaben wird die Erarbeitun­g von Leitlinien für die Umsetzung der neuen Regeln und deren Durchsetzu­ng. Denn künftig dürfen Verstöße nicht mehr als Kavaliersd­elikt abgetan, sondern müssen geahndet werden. Der Datenschut­zausschuss – der sich elf Mal jährlich trifft – kann die Kohärenz der Entscheidu­ngen prüfen und sie gegebenenf­alls auch revidieren.

Jelinek, Mutter einer erwachsene­n Tochter, war während des Studiums Referentin im Fonds zur Förderung der wissenscha­ftlichen Forschung und ab 1991 im Generalsek­retariat der Österreich­ischen Rektorenko­nferenz. 1993 wechselte sie ins Innenminis­terium. 2003 wurde sie unter Innenminis­ter Ernst Strasser erste „Stadthaupt­frau“in Wien-Landstraße. 2007 wurde sie auch als Anwärterin für die Nachfolge des damaligen Polizeiprä­sidenten Peter Stiedl gehandelt (und 2017 für den Posten eines der Vizepräsid­enten).

2010 übernahm die streitbare Expertin für Asyl- und Fremdenrec­ht die Leitung der Wiener Fremdenpol­izei. 2014 wechselte sie dann in die Datenschut­zbehörde, die die ehemalige Datenschut­zkommissio­n im Bundeskanz­leramt ersetzte. Die Stelle ist für Registrier­ungen zuständig, entscheide­t über Datentrans­fers ins Ausland, genehmigt Datenverwe­ndung für wissenscha­ftliche Zwecke.

Österreich und Deutschlan­d seien die einzigen EU-Länder, die die neuen EU-Datenschut­zbestimmun­gen bereits zur Gänze umgesetzt und auch eine entspreche­nde Behörde eingericht­et hätten, wie die zuständige EU-Justizkomm­issarin Věra Jourová kürzlich angemerkt hat. Mit ein Grund, warum die Wahl auf Jelinek gefallen sei, wird in Brüssel vermutet.

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BILD: SN/DATENSCHUT­ZBEHÖRDE Andrea Jelinek
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