Mafia fälscht Biolebensmittel
Kriminelle Netzwerke stecken immer öfter hinter gefälschten Lebensmitteln. Warum besonders Biolebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel betroffen sind.
Bei diesen Ermittlungen kann einem der Hunger schon vergehen: Immer öfter stoßen Fahnder auf gefälschte Lebensmittel, die sogar eine Gefahr für die Gesundheit der Konsumenten sein können.
Erst im vergangenen Jahr hatte die europäische Polizeibehörde Europol gemeinsam mit Interpol mit der Operation „Opson VI“aufhorchen lassen. Insgesamt wurden gefälschte Lebensmittel im Wert von 230 Millionen Euro beschlagnahmt. Betroffen waren Alltagsprodukte wie Wein, Olivenöl, Mineralwasser, aber auch Luxusgüter wie Kaviar oder teure Weine.
Dass Kriminelle im Betrug mit dem Essen nach wie vor hochaktiv sind, bestätigt Bérengère Dreno, Ermittlerin im Bereich Produktpiraterie bei Europol in Den Haag, im SNGespräch: „Wir haben die Netzwerke von damals zerschlagen, aber wir sehen neue kriminelle Gruppen, die im Bereich Lebensmittelfälschungen hochaktiv sind.“
Seit 2011 finden die „Opson“Operationen jährlich statt. Nahmen am Anfang gerade einmal zehn Staaten daran teil, waren es im vergangenen Jahr 61 Länder. So konnten 2017 fast zehn Tonnen und mehr als 26 Millionen Liter gefälschter Nahrungsmittel sichergestellt werden. Von gefälschter Haselnusscreme in Deutschland bis hin zu 300.000 Sardinendosen in Portugal, die kurz vor Ablauf des Verfallsdatums neu verpackt worden waren, um Frische vorzutäuschen. Von den Produkten ging somit auch eine erhöhte Gefahr für die Konsumenten aus. „Bei dieser Art von Ermittlungen ist es enorm wichtig, dass all unsere Partner gut zusammenarbeiten. Denken Sie nur an die Lebensmittelkontrolleure. Wenn es uns gelingt, sie darauf zu sensibilisieren, dass kriminelle Machenschaften hinter gefälschten Produkten stecken können, ist dies eine enorme Hilfe für uns“, erklärt die Europol-Expertin.
Welche Lehren die Polizeibehörde aus dem Einsatz im Jahr 2017 gezogen hat? „Dass für die Kriminellen wirklich jedes Lebensmittel zum Ziel werden kann. Wir reden nicht nur von hochpreisigen Waren wie Kaviar – die für die Kriminellen natürlich viel Gewinn versprechen –, sondern auch von Gütern wie Kaffee oder Orangensaft“, sagt Bérengère Dreno.
Einen Trend beobachten die Experten von Europol dabei aktuell mit besonderer Aufmerksamkeit: die Fälschung von Biolebensmitteln und Nahrungsergänzungsstoffen. „Die Kriminellen wissen, dass diese Produkte bei den Konsumenten sehr stark nachgefragt sind. Und sie wollen um jeden Preis davon profitieren“, sagt Bérengère Dreno. So würden etwa Produkte gefälscht, die damit werben, rein pflanzlich zu sein. Doch anstelle der rein organischen Stoffe setzen die Betrüger günstige, chemische Zusatzstoffe bei. „Das mag vielleicht zu keiner gesundheitlichen Gefährdung führen, aber der Konsument kauft bewusst Bio und erhält erst recht Chemie“, sagt die Expertin.
In einigen Fällen sei auch die Camorra involviert, viele Gruppen betrieben die Fälschungen allerdings einfach als lukratives Nebengeschäft.
Für verunsicherte Konsumenten hat Bérengère Dreno einen Tipp: „Den Hausverstand einschalten. Wenn ein Angebot zu gut klingt, um wahr zu sein, dann ist es meistens auch nicht wahr.“