Nur noch eine letzte Frage
ICHbin älter als Inspektor Columbo. Also nicht als sein Darsteller Peter Falk, der ist schon seit sieben Jahren tot. Aber die legendäre Kriminalserie wurde vor 50 Jahren zum ersten Mal ausgestrahlt. Ich bin fünf Jahre älter. Dass man altert, merkt man nicht nur an sich selbst, sondern auch an den Figuren, die einen durchs Leben begleiten – in der Wirklichkeit, aber eben auch im Film, in der Literatur, auf der Bühne, und im Fernsehen. Ich gehöre ja noch zu der Generation, für die Fernsehen ein Erlebnis und keine Dauerberieselung war. Einerseits weil das Angebot in meiner Kindheit und Jugend überschaubar war, es beschränkte sich auf FS 1 und FS 2. Und weil es noch einen Anfang und ein Ende des Fernsehtags gab – mit Testbild, analoger Uhr sowie Fahne inklusive Bundeshymne. In dieser Zeit haben sich viele Sendungen und Serien tief in mein Gedächtnis eingegraben, von „Daktari“über „Bonanza“bis „Kojak“und „Die Straßen von San Francisco“und, und, und. „Columbo“gehört jedenfalls dazu.
Dieser etwas überfordert wirkende Kriminalbeamte, den Falk darstellte, war in Wahrheit ein lässiger Typ. Zudem hatte ich stets ein Faible für alte Autos, also gefiel mir auch das Peugeot-Cabrio 403, das er fuhr. Außerdem verdanke ich Columbo einen wertvollen Bekleidungstipp meines jüngeren Sohnes. Als ich eines Tages mit meinem Trenchcoat aus dem Haus gehen wollte, schlug er mir – er war damals 16 Jahre alt – den Kragen um und sagte folgenden Satz: „Regel Nummer eins beim Trenchcoat: Stell nie den Kragen auf. Du bist nicht Columbo.“Ich tue es zwar trotzdem immer wieder. Aber niemals trage ich einen Regenmantel, ohne an Columbo denken zu müssen – und an meinen Sohn.
Auch Columbos Fragetechnik hat sich offensichtlich in mein Unterbewusstsein eingebrannt. Mir fällt auf, dass ich in letzter Zeit bei Interviews nach der vermeintlich und als solcher angekündigten letzten Frage immer öfter noch eine allerletzte nachschieße. Den Gesprächspartner in Sicherheit zu wiegen, er habe es fast hinter sich und könne sich entspannen, und ihn dann zu überraschen – diese Technik brachte Falk in der von ihm verkörperten Figur des Columbo zur Perfektion. Sie eignet sich auch sehr gut für Journalisten. Auch wenn einem der Triumph, jemanden einer Lüge oder zumindest eines Widerspruchs überführen zu können, fast immer versagt bleibt: Den Versuch ist es jedenfalls wert, das steht außer Frage.