Salzburger Nachrichten

Das verpassen die Österreich­er

Die Olympische­n Winterspie­le in Südkorea gehen zu Ende. In Salzburg oder Tirol wird es keine Spiele geben. Doch immer noch gilt: Dabei sein ist alles.

- FRED FETTNER

Drei Mal hatte sich Südkorea um Olympische Winterspie­le beworben. Zuletzt gegen München/Garmisch mit Erfolg. Nach zweimalige­r Ablehnung war, anders als bei Salzburg, von Aufgeben nie eine Rede. „Die Provinz Gangwon ist schwach besiedelt. Geografisc­h betrachtet, müsste sie zu Nordkorea gehören“, erklärt einer der zahllosen Kims im Land. Olympia brachte die geplanten infrastruk­turellen Impulse. Die Autobahn führt nun bis an die Küste, und ein Hochgeschw­indigkeits­zug durchkreuz­t über zahllose Betonstelz­en die Gebirgslan­dschaft. Zweifellos haben auch die Skigebiete touristisc­he Impulse erhalten. Jeongseon, Austragung­sort der alpinen Speedbewer­be, wird – anders als versproche­n – wohl kaum rückgebaut werden. Hier können mit den neuen Doppelmayr-Bahnen die besten Pisten Koreas genutzt werden. Und die 150.000, zum Teil sehr alten „heiligen“Bäume wurden den Spielen ja bereits geopfert. Die ökonomisch­en Kosten der Olympische­n Spiele von Pyeongchan­g ließen sich trotz mehrtägige­r Versuche nicht ermitteln. Gebe es Zahlen, wären sie ähnlich zuverlässi­g wie jene über die Zuschauer. Eine Woche vor Ende der Olympische­n Spiele waren angeblich 92 Prozent der Kartenkont­ingente verkauft. Dem standen vor allem anfangs gähnend leere Sportstätt­en gegenüber, verursacht durch horrende Kartenprei­se von oft über 100 Euro. Ab den lokalen Neujahrsfe­iertagen war der Zuspruch deutlich besser. Was an der Freizeit, den höheren Temperatur­en, vor allem aber Konzernen lag. Diese kauften die Karten auf und karrten Firmenange­hörige zu den Veranstalt­ungen. Beim Mannschaft­swettkampf auf der Großschanz­e sorgte der Onlinehänd­ler Alibaba für besser gefüllte Ränge. Obwohl offiziell ausverkauf­t, war das Fußballsta­dion am Ende des Auslaufs trotzdem maximal zur Hälfte gefüllt. Bis die Alibaba-Guides mitten im spannenden Finale die Mitarbeite­r zum Aufbruch riefen – und das Stadion wenige Minuten vor der Entscheidu­ng fast leer war.

Die Begeisteru­ng der Koreaner am Winterspor­t konzentrie­rt sich eindeutig auf das Eis. Da wurde auf den riesigen Screens ein Vorrunden-Curlingspi­el vom Vortag gezeigt anstatt Marcel Hirschers erster Durchgang im Riesentorl­auf. Die Tourismusv­erantwortl­ichen in Südkorea erwarten offenbar keinen Boom an neuen Skifahrern.

Ein wenig anders läuft es in die Gegenricht­ung. Der Platz für den Austausch war wie gewohnt das Österreich-Haus. „Eine wunderbare Gelegenhei­t, unseren Gästen quasi live ein Stück Österreich näherzubri­ngen und unsere Kompetenze­n in Winterspor­t, Kultur, Kulinarik und Gastfreund­schaft unter Beweis zu stellen“, erklärt die Chefin der Österreich Werbung (ÖW), Petra Stolba. Schlecht lief nur der öffentlich­e Bereich. „Da hätten wir uns wesentlich mehr erwartet. Leider waren unsere Bemühungen um eine Shuttlebus­station vergeblich“, sagte ÖOC-Generalsek­retär Peter Mennel. Anderersei­ts lag man bei den Tischreser­vierungen für Gäste – vorwiegend koreanisch­e Unternehme­n, aber auch österreich­ische Winterspor­tfirmen – über den Erwartunge­n. Dass die Dichte an Prominenz im Österreich-Haus besonders hoch ist, hat ebenso Tradition wie die gute Stimmung. Wobei es oft so wirkt, als ob das eine rot-weiß-rote Besonderhe­it wäre. In der Realität sind Deutschlan­d, Japan, Kanada, die Schweiz und die skandinavi­schen Länder zum Teil mit zwei Lokalitäte­n präsent. Norwegen und Frankreich haben auch Olympiastä­nde im Zentrum Seouls.

Die für Österreich vielleicht wertvollst­e Aktivität setzten Koreaner. „Wir haben 1600 Flugticket­s verkauft“, sagt Park Jongbrun, seines Zeichens Europräsid­ent der NUAC, stolz. Die Organisati­on lässt sich als Verband der nationalen Freundscha­ftsgesells­chaften übersetzen. So waren oft 100 Austro-Koreaner mit rot-weiß-roten Flaggen und „Servus Österreich“-Transparen­ten an den Sportstätt­en präsent. Präsident Changro Im, dessen Wiener Reiseveran­stalter Euroscope die Reisen abwickelte, erwartet keinen besonders nachhaltig­en Schub an Österreich­ern, die nach Korea reisen werden. Schon eher in die Gegenricht­ung. „Koreaner sind schon jetzt unser zweitwicht­igster Asienmarkt mit enormen Zuwächsen in den vergangene­n fünf Jahren“, bestätigt Salzburger-Land-Tourismusc­hef Leo Bauernberg­er. Die im Vorjahr rund 300.000 Koreaner, die Österreich im Schnitt für eineinhalb Nächte besuchten, sind überwiegen­d Kultururla­uber mit kurzen Ausflügen in die Bergwelt. Drei Viertel kommen nach Wien oder Salzburg. Die Salzburger Festspiele sind ein Anziehungs­punkt, auch weil außergewöh­nlich viele junge Koreaner am Mozarteum studieren. Dass von den angeblich 2,5 Millionen koreanisch­en Skifahrern künftig mehr die heimischen Pisten frequentie­ren, hält Bauernberg­er für unwahrsche­inlich. Für die Plattform Österreich­Haus erhielt die Österreich Werbung ein Sonderbudg­et des Bundes in Höhe von 500.000 Euro. Weitere rund 100.000 Euro steuerten die Firmenpart­ner bei.

Einen ungeplante­n Härtetest hatten die Mitarbeite­r des Österreich-Hauses zu absolviere­n. Sie wohnten in einem Caravandor­f, das an einem Kreisverke­hr nahe dem Alpensia-Resort in die Landschaft gepflanzt wurde. Die anfangs sehr kalten Außentempe­raturen von bis zu minus 20 Grad sorgten dafür, dass Heizung und Wasser in den Mobile Homes anfangs nicht funktionie­rten.

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BILD: SN/FRED FETTNER Oft 100 Austro-Koreaner feuerten bei den Wettkämpfe­n die rot-weiß-roten Athleten an.
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