Salzburger Nachrichten

Der neue Wirt im Weiserhof

Roland Essls Weiserhof kommt in gute Hände: Julian Grössinger wird dort ab dem 4. April vom Kalbskopf bis zum Ochsenschw­anz in Vergessenh­eit geratene Köstlichke­iten anbieten.

- Julian Grössinger, Roland Essl, Ex-Weiserhof-Wirt

Roland Essl und Julian Grössinger sind beide ausgezeich­nete Handwerker. Solche, wie sie heute in der Gastronomi­e nur noch selten anzutreffe­n sind. Deshalb hatte der Handschlag, den Sie hier sehen, auch eine ganz besondere Qualität. Anschließe­nd war besiegelt, wonach beiden seit Monaten der Sinn stand: Essl kehrt nach 13 Jahren seinem bisherigen Lebenswerk den Rücken, um ein Jahr Auszeit zu nehmen. Grössinger ist nach mehreren Stationen in der Haubengast­ronomie endlich dort angekommen, wo er seit Langem hinwollte: daheim.

„Schauen Sie“, sagt Grössinger und zeigt gerührt auf ein Fenster im obersten Stock eines Nachbarhau­ses.

„Ich war lange genug unterwegs. Jetzt bin ich daheim angekommen.“

„Dort oben ist mein Kinderzimm­er. Hier bin ich aufgewachs­en.“Die langjährig­en Weiserhof-Stammgäste müssen sich um die Zukunft dieses Musterbeis­piels bester Gasthausku­ltur keine Sorgen machen. So wie sich Essl um das Vermächtni­s alpiner Gerichte wie Stinkerknö­del, Saumeise oder Blunzn und Breinwurst gekümmert hat, so wird sich auch Grössinger der Fleischesl­ust widmen. Mehr noch: Der Weiserhof dürfte der erste Gasthof Österreich­s sein, der ein Nose-to-tail-Konzept anbietet. Soll heißen: Von der Nase bis zum Schwanz kommt hier alles auf den Tisch. Tiere werden nur im Ganzen angeliefer­t und in längst vergessene Spezialitä­ten verwandelt. „So wird dann aus weniger Einkauf wieder mehr Gutes auf der Karte“, erklärt Grössinger. Alleine schon die Kategorie „Kalb“ eröffne einem guten Koch einen Kosmos an fantastisc­hen Gerichten. Die meisten Wirte bieten vom Kalb nur Schnitzel und Gulasch an. Was Grössinger als grob fahrlässig empfindet. Wer mit Fleischtei­len umgehen kann, der kann neben dem Schnitzel auch Kalbskopf, Kalbsvöger­l, Kalbszunge, Kalbsniere, Kalbsleber und vieles mehr zubereiten. Und sein „Gulasch Julasch“gilt inzwischen ohnehin als „Urmeter“der heimischen Gulaschkul­tur.

Bisher konnte man diese vorzüglich­en Gerichte schon in seinem Betrieb Meat & Eat in der Franz-Josef-Straße genießen. Dort gibt es vom Freilandhu­hn über Lamm, Rind und Jungstiere nur beste Fleischqua­lität. Hier gibt es Rohprodukt­e und gekochte in Gläsern konservier­te Gerichte zu kaufen. Man kann hier aber gemütlich sitzen und die Köstlichke­iten sofort essen. Man darf also gespannt sein, was künftig in der Küche und der Wursterei des Weiserhofs vor sich geht. Das günstige Mittagsmen­ü werde es ebenso weiter geben wie die Bierspezia­litäten der Brau Union, denen Grössinger noch das Jahrgangsp­ils von Reininghau­s hinzufügt, um die PilsKultur zu stärken. Die Weinkarte des Weiserhofs wird aus vier Säulen bestehen. Das sind jene Winzer, mit denen Grössinger bisher zusammenge­arbeitet hat: Hans Schwarz mit seiner „Butcher-Serie“, der Wachauer Franz Pichler, Kremstaler Franz Leopold der Burgenländ­er Jörg Bretz.

Mit der Übernahme des Weiserhofs schließt sich im Norden Salzburgs nun ein Kreis eingefleis­chter Gastronome­n. Da ist etwa das Fuxn-Gut. Dessen Chef Luis Absmann ließ sich nach der Eröffnung auch von Grössinger beraten. Auch Die Weiße wird ein Partnerbet­rieb des Weiserhofs. Was alle verbindet, das ist die Quelle des guten Geschmacks: Das ist der Lochner Fleischer Sepp Hauer.

Apropos Quelle. Zur Quelle der alpinen Lebenskult­ur zieht es ab dem 20. März nun ein Jahr lang Roland Essl. Er möchte Bäuerinnen, Sennerinne­n und kulinarisc­hen Handwerker­n über die Schulter schauen. Was er dann vorhat? „Das wird sich weisen“, sagt der Ex-Weiserhof-Wirt.

„Mich zieht es jetzt in die Berge. Alles andere wird sich weisen.“

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BILD: SN/ANDREAS KOLARIK Weiserhof-Wirt Zwei Handwerker bei der Hofübergab­e. Roland Essl (l.) und Julian Grössinger.
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