Geschichte wird hörbar
Historisches neu entdeckt: Das Stadtarchiv bringt den Salzburgern 100 Tondokumente zu Ohren.
SALZBURG-STADT. Mitten im Zweiten Weltkrieg, ihr Mann war an der Front, erlebte die Salzburgerin Berta Wagner eine märchenhafte Romanze. Bei einem Promenadenkonzert hatte sie sich in den Posaunisten verschaut – nicht wissend, dass ihr der Schwarm schon bald in der Rainerstraße vor dem Mirabellkino begegnen sollte. Er wollte sich einen Film anschauen, sie war vor einem Regenguss geflüchtet. Es funkte. Die beiden zogen sich in die letzte Kinoreihe zurück. „Da hat er mei Handerl g’halten, so hat es angefangen“, schilderte Wagner während eines Interviews zum NS-Projekt des Stadtarchivs.
Tondokumente wie diese sind nun online hörbar und laden zu einer akustischen Entdeckungsreise durch Salzburgs Geschichte ein. Möglich wurde das durch die Zusammenarbeit des Stadtarchivs mit der Österreichischen Mediathek im Technischen Museum in Wien, die seit zwei Jahren einen audiovisuellen Atlas zu Österreichs Geschichte erstellt.
Auf einer digitalen Österreichkarte sind 500 Töne und Videos abrufbar. Als erstes Archiv ist das Salzburger Haus der Stadtgeschichte Teil des Projektes. „Wir verfügen über 800 Stunden an Tondokumenten“, erklärt Archivleiter Peter Kramml. In einem ersten Schritt wurden 100 Audiodokumente eingebracht. Sie stammen aus Privatbesitz oder aus Interviews mit Zeitzeugen, deren Schilderungen 100 Jahre Geschichte lebendig werden lassen. So erzählt etwa eine Salzburgerin, wie sie als Neunjährige den Beginn des Ersten Weltkriegs erlebt hat. Auch sehr persönliche Geschichten sind zu hören. Rosa Edinger erzählt etwa, wie sie ihren Greißlerladen in der Riedenburg geführt hat. Ausgewählte Dokumente sind in drei virtuellen Stadtrundgängen zum Thema Frauen, Migration und Feuerwehrgeschichte zusammengefasst. In den nächsten Monaten werden 50 Tondokumente aus dem Stadtarchiv zum Anschlussjahr 1938 online gehen. WWW.MEDIATHEK.AT