Spray mit Babyduft gegen Depressionen
Schwedische Wissenschafter haben festgestellt, dass der Geruch von Neugeborenen das Gehirn ähnlich positiv anspricht wie Medikamente gegen Angst und Depression.
Der Geruch von Neugeborenen soll das Gehirn positiv ansprechen – wie Medikamente gegen Depressionen. Mediziner entwickeln einen Nasenspray.
Wie wunderbar Neugeborene riechen, das können die meisten Eltern bezeugen. Der wonnige Geruch und die allgemeine Anziehungskraft, die von Babys ausgeht, soll Erwachsene dazu ermuntern, sich um die schutzlosen Kleinen zu kümmern, so eine Theorie.
Den Geruchseffekt von Neugeborenen haben Duftwissenschafter am renommierten Karolinska Institut (KI) in Stockholm nun genutzt, um einen ungewöhnlichen Weg einzuschlagen. Sie wollen ein Nasenspray aus den wesentlichen chemischen Bestandteilen des Babygeruchs entwickeln, das wie ein Medikament gegen Ängste und Depressionen wirken kann.
„Ein Kollege hatte gerade Kinder bekommen und erzählte, wie herrlich der Geruch seines Babys sei. Als wir unsere Tochter bekamen, war es das Gleiche“, erzählt Johan Lundström, Professor am Institut für klinische Neurowissenschaften am Karolinska Institut. Grundlegend für seine Forschung seien dabei die Arbeiten des deutschen Geruchsforschers Thomas Hummel in Dresden, betont der Schwede. Lundström ließ 30 Frauen im fruchtbaren Alter an einem Kleidungsstück eines frisch geborenen Kindes riechen und zum kontrollierenden Vergleich auch an völlig anderen Gerüchen. Die Hälfte der Frauen hatte bereits selbst Kinder bekommen, die andere nicht.
Der Kinderduft stammte von Säuglingen, die tatsächlich erst einen Tag auf der Welt waren. „Da ist der Geruch besonders unverfälscht von äußeren Faktoren wie etwa bestimmten Ernährungsweisen“, erklärt Lundström.
Beim Einatmen der unterschiedlichen Gerüche wurden die Gehirne der Frauen mit einer Magnetkamera beobachtet. Es zeigte sich, dass der Babyduft einen ähnlich anregenden Effekt auf bestimmte Hirnteile hatte wie Medikamente gegen Angst und Depressionen.
„Bei den Frauen, die noch keine Kinder hatten, konnten wir einen grundlegend positiven Effekt messen. Bei denen, die schon Kinder hatten, kam dazu noch ein eingelernter positiver Effekt hinzu, der deren frühere, positive Erfahrungen mit eigenen Babys spiegelt“, sagt Lundström. Bisher hätten die knappen Forschungsgelder nicht ausgereicht, um auch die Reaktionen der Gehirne von Männern auf den Babygeruch zu untersuchen. „Ich vermute aber, dass der Effekt der gleiche ist“, sagt Lundström.
Noch stecke seine Forschung in den Kinderschuhen, betont er. Der Babyduft besteht aus 100 bis 200 unterschiedlichen Chemikalien. „Wir haben schon einige Spuren und Muster ausgemacht“, sagt Lundström. Aber um herauszufinden, welche der vielen Chemikalien wesentlich für das Wohlfühlen seien, brauche man ungefähr fünf Jahre. „Ein Nasenspray zu entwickeln und auf den Markt zu bringen dauert noch viel länger, etwa zehn bis 15 Jahre“, schätzt er. Grundsätzlich hätte ein Nasenspray gegenüber Psychopharmaka bei der Linderung von Depressionen und Angst den Vorteil, dass es direkter wirkt und vermutlich kaum Nebenwirkungen hat. Bei Tabletten muss eine sehr hohe Dosis des Wirkstoffs verabreicht werden, um die das Gehirn grundsätzlich schützende BlutHirn-Barriere zu überwinden. Das sei beim Geruchssystem nicht der Fall, sagt Lundström. Gerüche wirkten schon in geringer Dosis.
Schon heute besteht die Theorie, dass Menschen, die über einen schlechten oder verringerten Geruchssinn verfügen, verursacht etwa durch Rauchen, oder völlig ohne Geruchssinn sind, anfälliger für Depressionen sind. Schwangere berichten zudem häufig, dass sich ihr Geruchssinn bei der Schwangerschaft verstärke. Der Geruchssinn und seine Wirkung auf die menschliche Gesundheit ist im Vergleich zu anderen Forschungsgebieten noch relativ wenig erforscht.