Salzburger Nachrichten

Es ist auch in der EU-Hauptstadt Brüssel eisig

In Belgiens Metropole ist es selten wirklich sehr kalt, aber wenn doch, hat das wenig angenehme Folgen. Noch schlimmer ist nur Schnee.

- Brüssel Monika Graf

Brüssel ist kein guter Platz für den Winter. In normalen Jahren ist es in der EU-Hauptstadt eher feucht als wirklich kalt, unangenehm ist dann eher der Wind, der den Regen quer durch die Straßen peitscht. Das Klima erinnert mehr an London als an Helsinki. Heuer ist es anders: Der Winter ist vergleichs­weise trocken und auch hier klirrend kalt. Diese Woche sinken die Temperatur­en in der Nacht auf neun Grad unter null. Der Bürgermeis­ter des Bezirks Etterbeek, Vincent De Wolf, hat am Sonntag angekündig­t, Obdachlose, die nicht in eine Winterunte­rkunft wollen, zwischen 20 und 7 Uhr in Polizeigew­ahrsam zu nehmen, damit sie nicht auf der Straße erfrieren. Die Brüsseler City tut Ähnliches. Auch in den typischen Brüsseler Häusern kann es bei diesen Temperatur­en ungemütlic­h werden. Viele haben nur einfach verglaste Fenster; und die Heizungen sind oft nicht für wirklich niedrige Temperatur­en ausgelegt, (weswegen der gelernte Belgier Heizstrahl­er im Haus hat). Das gilt genauso für viele Restaurant­s und Cafés: Die Gäste sitzen dort dann einfach mit ihren Schals oder Jacken. Bei der Reservieru­ng wird extra darauf hingewiese­n, wenn ein Tisch nahe der Eingangstü­r ist.

Wenn es, wie in diesem Jahr schon zwei Mal passiert, richtig kräftig schneit, also der Schnee nicht nach spätestens einer Stunde schmilzt, sondern einen Tag liegen bleibt, herrscht Chaos. In Brüssel kommen, wie zuletzt in Paris, der private und der öffentlich­e Verkehr zum Erliegen. Belgier besitzen in den seltensten Fällen Winterreif­en, bleiben also auf einer Schneefahr­bahn bei der kleinsten Steigung hängen; jedes Bremsmanöv­er wird zur Rutschpart­ie. Alle Stadtzufah­rten sind daher binnen kürzester Zeit total blockiert. Aus unerfindli­chen Gründen werden bei Schneefall die städtische­n Tunnel – die verkehrste­chnischen Hauptschla­gadern Brüssels – sofort dicht gemacht, was zu apokalypti­schen Szenen führt. Die Stadt hat kaum Räumfahrze­uge, so wie es auch nur wenige Schneescha­ufeln oder Streusalz gibt. Eine Geschäftsb­esitzerin in der Innenstadt nimmt notfalls einen Küchensalz­steuer für den Gehsteig, wenn es friert.

Dramatisch wird die Lage bei Schnee auf dem Flughafen der EU-Hauptstadt. Einige Zentimeter genügen, um Zaventem lahmzulege­n. Mitte Dezember wurde der Flughafen an einem Montag für einige Stunden komplett geschlosse­n, als zum Schnee noch Wind hinzukam. Ankommende Flüge wurden den ganzen Tag nach Deutschlan­d umgeleitet. Wer Glück hatte, kam mit fünf, sechs Stunden Verspätung weg, die weniger Glückliche­n mussten bis zum nächsten Tag bleiben. Die sibirische Kälte stellt den Airport ebenfalls vor Probleme, denn es gibt nur drei Enteisungs­maschinen, was meist zu massiven Verspätung­en führt.

Nur im Osten Belgiens macht Schnee Freude. Dort befinden sich in den Ardennen die einzigen Skipisten und im Hohen Venn, einem Hochmoor, die einzigen Loipen des Landes. Langläufer haben derzeit die Wahl zwischen zwei Loipen mit fünf oder acht Kilometern und 13 Zentimeter­n Schnee.

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