Gabalier muss wie ein Politiker beurteilt werden
Rechtens: Sänger blitzte mit Klage gegen Konzerthaus-Chef beim OGH ab.
Andreas Gabalier, selbst ernannter „Volks Rock ’n’ Roller“, fühlte sich ins rechte Eck gestellt und beleidigt. Also klagte er im vergangenen Jahr den Chef des Wiener Konzerthauses Matthias Naske. Nun ist Gabalier mit dieser Klage abgeblitzt.
Begründung in Kurzversion: Gabalier muss sich Kritik gefallen lassen, weil er sie auch selbst austeilt und so am öffentlichen Diskurs teilhat. Es geht dabei freilich nicht um seinen Musikstil, sondern um seine Haltung und Aussagen zu gesellschaftspolitischen Themen.
Grund der Klage des ehemaligen Jusstudenten Gabalier war ein Interview mit Naske. In diesem Gespräch war der Konzerthaus-Chef unter anderem gefragt worden, was er davon halte, dass Gabalier im Goldenen Saal des Musikvereins aufgetreten sei. „Ich glaube, das war einfach ein Fehler. Wir hätten das nicht gemacht“, sagte Naske. Begründet hatte Naske das damit, dass „das Signale“seien. „Man muss wissen, wer Gabalier ist, wofür er steht, und dann abwägen.“
Gabalier steht seit Jahren für massentauglichen Pop-Schlager, dessen musikalische Basis sich oft auf volkstümliche Elemente stützt. Damit ist der 33-jährige Gabalier seit Jahren äußerst erfolgreich und füllt größte Hallen. Dokumentiert hat Gabalier auf der Bühne und auch in Interviews dabei stets ein konservatives Weltbild.
Darauf bezog sich Naske in dem Interview, wenn er sagte, man treffe als Veranstalter mit der Erstellung eines Programms auch „gesellschaftsund kulturpolitische Aussagen, so harmlos ist das nicht“.
Solche Aussagen trifft auch Gabalier. Unter anderem bezog er umstrittene Positionen zur Rolle der Frauen in der Gesellschaft. Er sprach etwa von „Gender-Wahnsinn“. Beim Formel-1-Grand-Prix in Spielberg intonierte er 2014 die österreichische Bundeshymne – allerdings in der alten Version, in der nur „große Söhne“, nicht aber „Töchter“besungen werden. Mit acht habe er den Text so in der Schule gelernt, also habe er „keine Veranlassung, ihn anders zu singen“.
Unter anderem auf solche Äußerungen bezieht sich nun das Urteil des Obersten Gerichtshofs, mit dem die Klage Gabaliers auf Feststellung, Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung abgewiesen wurde. Der Sänger, so der OGH, werde durch die beklagten Aussagen Naskes nicht „ins rechte Eck gestellt“. Es lässt sich aus Naskes Worten auch keine Unterstellung einer „verbotenen, verpönten, rechten Ideologie“herauslesen.
Gabalier müsse bei solchen Aussagen einen höheren Grad an Toleranz zeigen. Gabalier habe „doch selbst öffentliche Äußerungen getätigt, die geeignet sind, Kritik auf sich zu ziehen“. Da liegt die Latte für das Beleidigtsein also höher als bei anderen. Man urteile „durchaus im Sinn der Rechtsprechung zu Äußerungen von Politikern in Ausübung ihres öffentlichen Amtes“, schreibt der OGH.
Der Sänger irre, wenn er meine, „dass diese strenge Regel nur auf Politiker anzuwenden sei“. Beispielsweise hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in ähnlicher Weise entschieden bei Wissenschaftern, die sich als Autoren von Beiträgen in Tageszeitungen an der öffentlichen Diskussion beteiligen.