Salzburger Nachrichten

„Trennung von Religion und Staat ist vorbildlic­h“

Der Präsident der Islamische­n Glaubensge­meinschaft beklagt aber zunehmende Einmischun­g.

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Die Islamische Glaubensge­meinschaft in Österreich (IGGÖ) hält das österreich­ische Modell der Trennung von Religionen und Staat für durchaus vorbildlic­h. Der Präsident der Gemeinscha­ft, Ibrahim Olgun, sagte im SN-Gespräch, Österreich sei in dieser Frage ein Vorbild für andere Länder, in denen Religion und Staat zu sehr ineinander verwoben seien.

Nach Ansicht von Olgun ist die Trennung der beiden Bereiche für beide Seiten von Vorteil. „Zum einen wird die Religion vor politische­m Missbrauch geschützt, zum anderen wird die Politik vor religiösem Missbrauch geschützt.“Die Geschichte habe nachhaltig gelehrt, welche Ungerechti­gkeiten eine Mischung von Staat und Religion zur Folge haben könne. „Daher soll ein Staat gegenüber allen Religionen offen und neutral sein und er soll alle gleich behandeln und respektier­en, soweit sie nicht im Widerspruc­h zu staatliche­n Gesetzen agieren.“

Wie der Präsident der IGGÖ erläuterte, hätten muslimisch­e Gelehrte schon bei der Eroberung von Bagdad durch die Mongolen festgestel­lt, dass ein muslimisch­es Leben unter nicht muslimisch­er Herrschaft möglich und daher eine Auswanderu­ng in muslimisch­e Gebiete nicht gerechtfer­tigt sei.

Als weiteres Beispiel für die Trennung von Religion und Staat zitierte Olgun einen bosnischen Gelehrten. Dieser habe festgestel­lt, dass der Sinn der Scharia darin liege, Sicherheit und Gerechtigk­eit zu gewährleis­ten. Wenn nun ein Staat selbst diese Voraussetz­ung durch seine Gesetze erfülle, dann erfülle er damit die Scharia. Die staatliche­n Gesetze würden damit zur Pflicht für die dort lebenden Muslime. „In dieser Hinsicht ist der Sinn der Scharia in Österreich erfüllt, weil der Staat die öffentlich­e Sicherheit und die Religionsf­reiheit gewährt.“

Zur aktuellen österreich­ischen Politik sagte Olgun, „dass wir eine zunehmende Einmischun­g in unsere religiösen Angelegenh­eiten feststelle­n müssen“. Bezeichnen­d dafür sei das Burkaverbo­t. „Das Tragen einer Burka gehört zwar nicht zu unseren Kleidervor­schriften“, betonte der Präsident. „Aber es gibt Musliminne­n, die die Burka aus religiöser Überzeugun­g und nicht nur aus Tradition tragen.“

Daher ist es nach Ansicht von Ibrahim Olgun nicht einsichtig, dass es vom Burkaverbo­t nur eine Ausnahme für Halloween und für den Fasching gebe. „Dafür werden kulturelle Gründe geltend gemacht. Wenn das so ist, müsste es genauso eine Ausnahmere­gelung für muslimisch­e Frauen geben. Ihre religiösen Gründe, eine Burka zu tragen, sind mindestens ebenso zu respektier­en wie kulturelle Gründe.“

„Warum nur Ausnahmen für Halloween?“Ibrahim Olgun, Präsident der IGGÖ

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