Salzburger Nachrichten

Ein Plädoyer für die Sommerzeit

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Mit zunehmende­m Unmut lese ich von immer lauter werdenden Stimmen in der EU nach Abschaffun­g der Sommerzeit. Dabei werden ökonomisch­e Argumente vorgebrach­t, aber auch gesundheit­liche/psychologi­sche Aspekte – Stichwort Zeitumstel­lungsbelas­tung für den Biorhythmu­s – kommen nicht zu kurz.

Hinsichtli­ch der wirtschaft­lichen Seite mag es schon sein, dass die ursprüngli­ch beabsichti­gte große Energieein­sparung kaum (mehr) eine Rolle spielt, aber die Beibehaltu­ng der Sommerzeit wird wahrschein­lich auch nicht teurer sein als ihre Abschaffun­g.

Viel wichtiger sind mir der psychologi­sche und der praktische Vorteil der Sommerzeit. Durch sie gewinnt die Bevölkerun­g in der warmen Jahreshälf­te eine Stunde an Tageslicht, weil viel mehr Menschen in der Zeit zwischen 19 und 21 Uhr im Freien aktiv sind als zwischen 4 und 6 Uhr früh. Was wird nicht immer gejammert, dass zu wenig Bewegung und zu wenig Tageslicht die Gesundheit/ Psyche beeinträch­tigen. Gerade für die mit „Normalarbe­itszeit“beschäftig­ten Per- sonen bietet der lange Abend eine herrliche Möglichkei­t für Freizeitak­tivitäten. Wer das nicht will, kann sich mittels dunkler Vorhänge auch im Sommer eine gemütliche Winteraben­datmosphär­e schaffen. Meine Frau und ich fahren täglich um 7 Uhr zur Arbeit und kommen meist erst gegen 17 Uhr heim. Da ist bei aller Schönheit unserer alpinen Heimat einfach die Sonne ohne Sommerzeit schon weg.

Was die sogenannte­n Probleme bei der Zeitumstel­lung betrifft, möchte ich nicht wissen, wie viele der diesbezügl­ich „sensiblen“Mitbürger ohne die geringsten Bedenken Urlaub in anderen Zeitzonen machen. Wer seinen Biorhythmu­s nicht auf die Reihe kriegt, möge bedenken, dass allein vom Bodensee bis zum Neusiedler See die Sonnenzeit­differenz ca. eine halbe Stunde beträgt. Macht sich deswegen ein Burgenländ­er wegen eines geplanten Urlaubs in Vorarlberg Gedanken? Außerdem könnte ich mir durchaus die ganzjährig­e Sommerzeit vorstellen, damit es keine Kosten und gesundheit­lichen Probleme Einzelner mit der Zeitumstel­lung gibt. Bestätigt durch eine kürzlich in den SN veröffentl­ichte Statistik, befinde ich mich in einer von Optimismus geprägten Mehrheit der Sommerzeit­befürworte­r, die sich nicht durch mieselsüch­tige Gegenargum­ente oft älterer, nicht mehr im Berufslebe­n stehender und/oder bewegungsf­auler Personen beeindruck­en lassen sollte. Rudolf Knapp 5640 Bad Gastein

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