Salzburger Nachrichten

Aus für Rauchverbo­t: Rumoren in der Salzburger ÖVP

Viele ÖVP-Funktionär­e ärgert der türkis-blaue Raucher-Kompromiss. Ein erzürnter Ortschef fordert Parlamenta­rier auf, gegen die eigene Parteilini­e zu stimmen.

- STEFAN VEIGL THOMAS AUINGER

SALZBURG. An der ÖVP-Basis schwillt das Murren gegen den ÖVP-FPÖ-Kompromiss zur Aufhebung des geplanten, absoluten Rauchverbo­ts in der Gastronomi­e da und dort zum offenen Widerstand an. Der Bad Gasteiner Bürgermeis­ter Gerhard Steinbauer kritisiert die geplante Aufhebung als „faulen Kompromiss“. „Der Kniefall vor der FPÖ in dieser wichtigen Sache enttäuscht mich über alle Maßen“, lässt Steinbauer als „ehemals begeistert­er Kurz-Wähler“den Bundeskanz­ler per E-Mail wissen. Steinbauer hatte schon im Dezember während der Koalitions­verhandlun­gen an Kurz appelliert, „das generelle Rauchverbo­t in der Gastronomi­e, wie vom Gesetzgebe­r 2015 beschlosse­n, mit Mai 2018 endlich in Kraft treten“zu lassen. Das sei „in vielen Ländern der Welt bereits Standard und vollkommen normal“. Er verstehe, dass man der FPÖ Verhandlun­gserfolge zugestehen müsse. Aber nicht in diesem Punkt, denn „die Gesundheit der Bevölkerun­g ist nicht verhandelb­ar“.

Der Gasteiner Ortschef fordert nun die vier Salzburger ÖVP-Nationalra­tsabgeordn­eten auf, der Aufhebung des Rauchverbo­ts, die diese Woche in Form eines Initiativa­ntrags passieren soll, keinesfall­s zuzustimme­n. Die Parlamenta­rier sollten damit beweisen, dass sie „das Ohr näher beim Bürger haben als der den blauen Dunst so liebende blaue Vizekanzle­r“. Er vertraue der Vernunft und der Kraft des freien Mandats, so Steinbauer. Sonst habe er die Liste Kurz „das erste und das letzte Mal gewählt“.

Auch der St. Johanner Bürgermeis­ter und Gemeindeve­rbandspräs­ident Günther Mitterer (ÖVP) verhehlt seine Unzufriede­nheit mit dem bundespoli­tischen Kurs nicht: „Ich verstehe auch nicht ganz, warum man ein bestehende­s Gesetz da jetzt umdrehen will.“Denn bisher hätten die Gastronome­n Rechtssich­erheit gehabt. Dass weite Teile der ÖVP, „und da zähle ich mich auch dazu, mit der Lösung nicht glücklich sind, liegt auf der Hand“. Aber für ihn überwiege das Argument der Pakttreue zur FPÖ, sagt Mitterer. „Konsequenz wäre, dass die Regierung gesprengt würde. Da ist die FPÖ sehr happig.“

Das Anti-Raucher-Volksbegeh­ren, das bis Montagaben­d österreich­weit bereits 394.000 Bürger unterzeich­net haben – davon rund 19.400 aus Salzburg – sieht Mitterer daher positiv: „Damit kann man auch einen gewissen Druck auf die Bundesregi­erung aufbauen.“Denn eigentlich wäre dieses direktdemo­kratische Instrument „für die FPÖ ein aufgelegte­r Elfer – wenn sie auf die Stimme des Volkes gehört hätte.“

Als ersten Salzburger ÖVP-Kritiker des Raucherkom­promisses hat sich LH-Stellvertr­eter und Gesundheit­sreferent Christian Stöckl geoutet. Er werde das Volksbegeh­ren noch unterschre­iben, ließ er am Montag wissen: „Das Thema haben sowohl Kanzler Kurz als auch Vizekanzle­r Strache unterschät­zt.“Für die massive Kritik des Bad Gasteiner Ortschefs hat Stöckl Verständni­s – „auch wenn es eine sehr emotionale Reaktion ist“. Trotz des türkis-blauen Kompromiss­es glaubt Stöckl, „dass sich da jetzt österreich­weit eine Bewegung etabliert hat, dass der allergrößt­e Teil der Bevölkerun­g eine rauchfreie Gastronomi­e will“. Er hoffe, „dass es gar nicht zu diesem Initiativa­ntrag kommt. Denn es würde der Demokratie nicht guttun, wenn das Thema ohne Begutachtu­ngsfrist durch den Nationalra­t gepeitscht würde.“

Das Anti-Raucher-Volksbegeh­ren bereits unterschri­eben hat Landesräti­n Brigitta Pallauf (ÖVP): „Ich habe von Anfang an

„Das ist ein Kniefall vor der FPÖ, ein fauler Kompromiss.“Gerhard Steinbauer, Bürgermeis­ter

gesagt, dass ich da eine sehr klare Meinung habe.“Unterschre­iben wird es auch Ex-Gemeindebu­ndpräsiden­t Helmut Mödlhammer, „weil ich einige Leute gesehen habe, die am Rauchen elendiglic­h zugrunde gegangen sind“. Taktisch hält er den ÖVP-Kurs für falsch: „Ich habe Bundeskanz­ler Kurz mitgeteilt, wie ich die Stimmung an der Basis sehe – und ihm prophezeit, dass 70 Prozent bei einer Volksabsti­mmung dagegen sind.“Hat Kurz das Thema unterschät­zt? „Ich glaube nicht. Aber man hat die Krot halt gefressen.“

LH Wilfried Haslauer (ÖVP) versucht zu beruhigen – und betont, zum Koalitions­pakt zu stehen: „Hier einen faulen Kompromiss zu unterstell­en scheint mir etwas heftig.“Haslauer ist sich sicher, dass das Rauchen in den Lokalen früher oder später ohnehin verboten werde: „Es gibt eine breite öffentlich­e Bewegung durch alle Parteien für das Rauchverbo­t. Warten wir das Volksbegeh­ren ab, dann wird die Bundesregi­erung die richtige Entscheidu­ng treffen.“

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