Aus für Rauchverbot: Rumoren in der Salzburger ÖVP
Viele ÖVP-Funktionäre ärgert der türkis-blaue Raucher-Kompromiss. Ein erzürnter Ortschef fordert Parlamentarier auf, gegen die eigene Parteilinie zu stimmen.
SALZBURG. An der ÖVP-Basis schwillt das Murren gegen den ÖVP-FPÖ-Kompromiss zur Aufhebung des geplanten, absoluten Rauchverbots in der Gastronomie da und dort zum offenen Widerstand an. Der Bad Gasteiner Bürgermeister Gerhard Steinbauer kritisiert die geplante Aufhebung als „faulen Kompromiss“. „Der Kniefall vor der FPÖ in dieser wichtigen Sache enttäuscht mich über alle Maßen“, lässt Steinbauer als „ehemals begeisterter Kurz-Wähler“den Bundeskanzler per E-Mail wissen. Steinbauer hatte schon im Dezember während der Koalitionsverhandlungen an Kurz appelliert, „das generelle Rauchverbot in der Gastronomie, wie vom Gesetzgeber 2015 beschlossen, mit Mai 2018 endlich in Kraft treten“zu lassen. Das sei „in vielen Ländern der Welt bereits Standard und vollkommen normal“. Er verstehe, dass man der FPÖ Verhandlungserfolge zugestehen müsse. Aber nicht in diesem Punkt, denn „die Gesundheit der Bevölkerung ist nicht verhandelbar“.
Der Gasteiner Ortschef fordert nun die vier Salzburger ÖVP-Nationalratsabgeordneten auf, der Aufhebung des Rauchverbots, die diese Woche in Form eines Initiativantrags passieren soll, keinesfalls zuzustimmen. Die Parlamentarier sollten damit beweisen, dass sie „das Ohr näher beim Bürger haben als der den blauen Dunst so liebende blaue Vizekanzler“. Er vertraue der Vernunft und der Kraft des freien Mandats, so Steinbauer. Sonst habe er die Liste Kurz „das erste und das letzte Mal gewählt“.
Auch der St. Johanner Bürgermeister und Gemeindeverbandspräsident Günther Mitterer (ÖVP) verhehlt seine Unzufriedenheit mit dem bundespolitischen Kurs nicht: „Ich verstehe auch nicht ganz, warum man ein bestehendes Gesetz da jetzt umdrehen will.“Denn bisher hätten die Gastronomen Rechtssicherheit gehabt. Dass weite Teile der ÖVP, „und da zähle ich mich auch dazu, mit der Lösung nicht glücklich sind, liegt auf der Hand“. Aber für ihn überwiege das Argument der Pakttreue zur FPÖ, sagt Mitterer. „Konsequenz wäre, dass die Regierung gesprengt würde. Da ist die FPÖ sehr happig.“
Das Anti-Raucher-Volksbegehren, das bis Montagabend österreichweit bereits 394.000 Bürger unterzeichnet haben – davon rund 19.400 aus Salzburg – sieht Mitterer daher positiv: „Damit kann man auch einen gewissen Druck auf die Bundesregierung aufbauen.“Denn eigentlich wäre dieses direktdemokratische Instrument „für die FPÖ ein aufgelegter Elfer – wenn sie auf die Stimme des Volkes gehört hätte.“
Als ersten Salzburger ÖVP-Kritiker des Raucherkompromisses hat sich LH-Stellvertreter und Gesundheitsreferent Christian Stöckl geoutet. Er werde das Volksbegehren noch unterschreiben, ließ er am Montag wissen: „Das Thema haben sowohl Kanzler Kurz als auch Vizekanzler Strache unterschätzt.“Für die massive Kritik des Bad Gasteiner Ortschefs hat Stöckl Verständnis – „auch wenn es eine sehr emotionale Reaktion ist“. Trotz des türkis-blauen Kompromisses glaubt Stöckl, „dass sich da jetzt österreichweit eine Bewegung etabliert hat, dass der allergrößte Teil der Bevölkerung eine rauchfreie Gastronomie will“. Er hoffe, „dass es gar nicht zu diesem Initiativantrag kommt. Denn es würde der Demokratie nicht guttun, wenn das Thema ohne Begutachtungsfrist durch den Nationalrat gepeitscht würde.“
Das Anti-Raucher-Volksbegehren bereits unterschrieben hat Landesrätin Brigitta Pallauf (ÖVP): „Ich habe von Anfang an
„Das ist ein Kniefall vor der FPÖ, ein fauler Kompromiss.“Gerhard Steinbauer, Bürgermeister
gesagt, dass ich da eine sehr klare Meinung habe.“Unterschreiben wird es auch Ex-Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer, „weil ich einige Leute gesehen habe, die am Rauchen elendiglich zugrunde gegangen sind“. Taktisch hält er den ÖVP-Kurs für falsch: „Ich habe Bundeskanzler Kurz mitgeteilt, wie ich die Stimmung an der Basis sehe – und ihm prophezeit, dass 70 Prozent bei einer Volksabstimmung dagegen sind.“Hat Kurz das Thema unterschätzt? „Ich glaube nicht. Aber man hat die Krot halt gefressen.“
LH Wilfried Haslauer (ÖVP) versucht zu beruhigen – und betont, zum Koalitionspakt zu stehen: „Hier einen faulen Kompromiss zu unterstellen scheint mir etwas heftig.“Haslauer ist sich sicher, dass das Rauchen in den Lokalen früher oder später ohnehin verboten werde: „Es gibt eine breite öffentliche Bewegung durch alle Parteien für das Rauchverbot. Warten wir das Volksbegehren ab, dann wird die Bundesregierung die richtige Entscheidung treffen.“