Der Kampf um den ORF hat erst begonnen
Kontrollierte Informationen, Attacken gegen Journalisten und ein umgefärbter ORF. Die Regierung bastelt sich ihre eigene Öffentlichkeit.
Was die Informationspolitik der neuen Bundesregierung betrifft, gibt es zwischen ÖVP und FPÖ eine klare Arbeitsteilung. Die ÖVP beziehungsweise das ihr unterstellte Kanzleramt steuert und kontrolliert den Informationsfluss an die Öffentlichkeit in einem Ausmaß, das bisher unbekannt war. Die FPÖ hingegen hat den Part übernommen, den ORF durch tägliche Angriffe sturmreif zu schießen. Die gemeinsamen Anstrengungen der beiden Regierungsparteien zielen darauf ab, ein neues, für die Regierung günstiges Meinungsbild zu schaffen.
Die Steuerung und Kontrolle des Informationsflusses sieht beispielsweise so aus: Zum Mediengespräch am Dienstag dieser Woche, bei dem Bundeskanzler und Vizekanzler verkündeten, 2019 ein ausgeglichenes Budget erreichen zu wollen, waren nur der ORF und die Austria Presse Agentur eingeladen. Der ORF sollte für die Bilder sorgen, die APA für die Agenturmeldungen. Andere Journalisten, die vielleicht lästige Fragen gestellt hätten, waren nicht zugelassen. „Message Control“nennt dies der Fachmann. Das Kanzleramt gibt ein Wochenthema vor und will dieses möglichst ungefiltert in der Öffentlichkeit platzieren. Journalistische Recherchen und Beiträge zu anderen Themen sind nicht nur unerwünscht, sie werden – und hier tritt gemäß koalitionärer Arbeitsteilung die FPÖ auf den Plan – gern auch als Fake News diffamiert. Dies vor allem dann, wenn es der ORF ist, der sich unabhängige Recherchen erlaubt: Auf die Zeitungen und die außerhalb des staatlichen Einflusses befindlichen privaten Rundfunk- und TV-Stationen hat die FPÖ keinen Zugriff, und das ist gut so.
Vor diesem Hintergrund bestellte die Koalition nun jene neun ORF-Stiftungsräte, deren Ernennung der Bundesregierung obliegt. Wie nicht anders zu erwarten, wurden die bisherigen vier roten Stiftungsräte gefeuert und durch blaue ersetzt. Das ist nach einem Regierungswechsel ein normaler Vorgang und als solcher zur Kenntnis zu nehmen. Was die neue Regierung mit dem ORF tatsächlich vorhat, wird sich erst in den nächsten Monaten weisen. Werden kritische Journalisten à la Armin Wolf mundtot gemacht? Oder werden bloß deren Sendungen zu Tode reformiert? Wird die neue Regierung willfährige Parteigänger in ORF-Führungspositionen hieven? Und Politkommissare statt gestandener Journalisten in die Chefredaktionen? Wird man dem ORF durch Abschaffung der GIS-Gebühr die Lebensgrundlage entziehen? Die Zivilgesellschaft wird gut daran tun, hier wachsam zu bleiben.