Salzburger Nachrichten

Wer die Schranken im Internet bedient

- THOMAS.HOFBAUER@SN.AT

Da wird Facebook-Chef Mark Zuckerberg gezittert haben. Seit dem Spätsommer 2016 beschäftig­te sich die Staatsanwa­ltschaft München I mit der Frage, ob sich Facebook-Manager strafbar machen, wenn Nutzer Hassbotsch­aften auf Facebook verbreiten. Jetzt gibt die Staatsanwa­ltschaft Entwarnung. Aber nicht für die von der Hetze gebeutelte­n Nutzer, sondern für die Konzernman­ager. Dass Zuckerberg und Co. nicht für eine rechtzeiti­ge Löschung von mutmaßlich kriminelle­n Nutzerbeit­rägen gesorgt hätten, könne ihnen nicht als Straftat angekreide­t werden, teilte die Staatsanwa­ltschaft mit. Solche Taten seien ja bereits mit der Veröffentl­ichung des Beitrags abgeschlos­sen, wird argumentie­rt. Deswegen könne man FacebookMi­tarbeiter nicht als Mittäter belangen.

Einspruch, möchte man rufen, denn erst Facebook verbreitet das von Hass triefende Posting. Ja, aber, könnte man entgegnen, auch die Post würde einen Erpresserb­rief zustellen und dafür nicht zur Verantwort­ung gezogen werden. Wie denn, die Postler lesen ja die Briefe nicht. Auch das ist richtig.

Aber genau hier zeigt sich der dritte Weg, den Facebook bestreitet. Der Konzern hilft zwar nicht beim Erstellen und Einstellen eines Postings, aber bei der aktiven Verbreitun­g. Facebook hat einen ausgeklüge­lten Algorithmu­s, der – je nach Inhalt – einen Beitrag bei den möglichen Empfängern anzeigt oder nicht. Wie stark ein Beitrag verbreitet wird, hat nur Facebook in der Hand, nicht aber die Nutzer selbst. Gatekeeper heißt diese Funktion, die auch Journalist­en wahrnehmen. Sie ist Teil der journalist­ischen Arbeit und der journalist­ischen Verantwort­ung. Aus der will sich Facebook heraussteh­len. Solange Staatsanwä­lte das nicht erkennen, wird es auch gelingen.

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Thomas Hofbauer

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