Chef der Auslandshilfe wurde freigestellt
Wegen „unprofessionellem Verhalten“muss die Salzburger Caritas den Posten ihrer Nahost- und Auslandshilfe-Leitung neu besetzen.
SALZBURG. Ein anonymer Hinweis an die Caritas Internationalis war der Auslöser: Der Leiter der Auslandshilfe der Caritas Salzburg soll – entgegen strenger Richtlinien und nach einer Verwarnung – im Herbst 2017 in seiner Freizeit Kontakt zu Klienten in einer Hilfseinrichtung im Libanon gehalten haben.
„Das ist unprofessionelles Verhalten und damit für uns tabu“, sagt Caritas-Salzburg-Direktor Johannes Dines im SN-Gespräch. Denn sobald die Dienstzeit ende, dürften sich Mitarbeiter nicht mehr in den Einrichtungen aufhalten. Annäherungsversuche soll es nie gegeben haben – wohl aber Einmischungen in die Arbeit vor Ort.
Die Konsequenz aus dem anonymen Hinweis: Eine unabhängige Untersuchungskommission nahm sich des Falls an; bis ein Ergebnis vorlag, wurde dem Caritas-Mitarbeiter von seinem Arbeitgeber vorsorglich ein Reiseverbot für den Nahen Osten auferlegt.
Was bei den Ermittlungen herausgekommen ist? „Die Prüfung hat ergeben, dass sich der Mitarbeiter entgegen klarer Anweisung wiederholt in der Freizeit in einer Einrichtung aufgehalten und Kontakt zu Klientinnen und Klienten gehalten hat. Dieses Vermischen von Beruf und Freizeit entspricht nicht unseren strengen internen verpflichtenden Richtlinien und den professionellen Grundsätzen des internationalen Caritas-Netzwerks“, hieß es am Mittwoch aus Salzburg.
Strafrechtlich liegt nichts gegen den Beschuldigten vor. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft.
Warum die Caritas mit einer Dienstfreistellung reagiert hat, erklärt der Direktor mit den hohen Maßstäben, die man bei Projektpartnern und nicht zuletzt auch bei sich selbst anlege. „Wenn wir uns im Libanon oder einem anderen Land nicht völlig korrekt verhalten, können wir das schwer von unseren Partnerorganisationen einfordern. Es geht darum, dass wir eine Vorbildwirkung haben.“
Nach einem Leitfaden für Grenzüberschreitungen arbeiten auch andere Hilfsorganisationen. Bei leichten und mittleren Verstößen kommt es zu einer Verwarnung, schwere Vergehen können bis zur Suspendierung führen.
Seine Vorbildfunktion scheint der Auslandshilfe-Chef im aktuellen Fall wiederholt nicht wahrgenommen zu haben. Dabei attestieren Kollegen dem nunmehr vom Dienst Freigestellten seit mehr als zwei Jahrzehnten enormen Einsatz für Menschen, vor allem Kinder, in Not. Seine „kauzige Art“und seine laute Kritik an politischen Systemen, wie etwa dem israelischen, werden ebenso angesprochen. 2014 erhielt er für seine Arbeit die „Weiße Feder“– eine Auszeichnung für besondere Leistungen zum Wohle von Kindern. Prominente Träger sind Nobelpreisträgerin Malala Yousafzai, Frauenrechtsaktivistin Waris Dirie und das Caritas-BabyHospital in Bethlehem.
Dass Dines durch „unprofessionelles Verhalten“nicht nur einen lang gedienten, sondern auch verdienstvollen Mitarbeiter verlieren könnte, bestürzt den CaritasDirektor. „Ob und in welcher Funktion er zurückkehrt, werden erst die kommenden Wochen und Monate zeigen“, sagt er. Der Betroffene war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Seine Agenden soll vorerst die Salzburgerin Claudia Prantl übernehmen.
„Vermischen von Beruf und Freizeit entspricht nicht den Regeln.“