Salzburger Nachrichten

Heumilch, eine Erfindung?

- Fachtierar­zt für Tierhaltun­g und Tierschutz, 6840 Götzis

Die von Hans Gmeiner (SN vom 19. 2., S. 13) dargestell­te Erfolgsges­chichte der Heumilch ist erfreulich und soll in keiner Weise geschmäler­t werden. Mit Pioniergei­st und Innovation im Sinne von „Erfindung“hat aber höchstens die Namensgebu­ng, nicht das Produkt etwas zu tun.

Die Milchwirts­chaft im Alpenraum hatte über Jahrhunder­te Gras als Weide und Heu als konservier­tes Gras über die vegetation­slose Zeit als Fütterungs­basis. Erst durch die Intensivie­rung ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunder­ts kam neben Kunstdünge­r und Kraftfutte­r auch Siliertech­nik zur Ertragsste­igerung zum Einsatz. Mit dem unangenehm­en Nebeneffek­t, dass mit Silomilch kein Bergkäse mehr produziert werden konnte. Die Sennereien schufen sogenannte Silosperrg­ebiete, in denen die Verfütteru­ng von Silage verboten war. Der Westen Österreich­s hat dank dieser traditione­llen Hartkäsepr­oduktion heute noch die größten zusammenhä­ngenden Silosperrg­ebiete Europas. Für jeden Laien leicht erkennbar, wenn keine vielfarbig­en, riesigen, mit Plastik umwickelte­n Siloballen auf den Weiden verteilt oder auf den Höfen gestapelt herumliege­n.

Heumilch klingt eindeutig besser als silofreie Milch, von der Fütterung her ist es dasselbe. Der Anteil von Kraftfutte­r in der Gesamtrati­on ist nach dem Heumilch-Regulativ nur indirekt über einen Mindestant­eil an Raufutter von 75 Prozent (= physiologi­scher Grenzwert für wiederkäue­rgerechte Fütterung) limitiert.

Dass Bauern mit der Rückbesinn­ung auf standortan­gepasste, traditione­lle Fütterung auch am Markt erfolgreic­h sind, kann hoffentlic­h Herrn ÖR Riautschni­g über den Verlust des Symbols „Landwirtsc­haftsminis­terium“wegen der Innovation „Bundesmini­sterium für Nachhaltig­keit und Tourismus“hinwegtrös­ten. Dr. Erik Schmid

Newspapers in German

Newspapers from Austria