Salzburger Nachrichten

Im Februar 1934 beginnt eine lange Schmach

Der Konflikt von links und rechts hat sich jahrelang zusammenge­braut.

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Die Arbeitslos­igkeit und die nationalso­zialistisc­hen Terroratta­cken verschärft­en den Links-rechts-Konflikt der 30er-Jahre. Nachdem die Sozialdemo­kraten wiederholt Koalitions­angebote von Ignaz Seipel sowie Engelbert Dollfuß abgelehnt hatten, bildete dieser 1932 eine Regierung mit der Heimwehr und deren Partei, dem antidemokr­atischen Heimatbloc­k. Die harte Opposition der Sozialdemo­kraten, erst ihr Misstrauen­santrag, dann die Ablehnung der Lausanner Anleihe, empörte Dollfuß. Dieser habe auf den sozialdemo­kratischen Parteichef Otto Bauer sogar „persönlich­en Hass“entwickelt, schildert der Historiker Ernst Hanisch.

Nach der „Selbstauss­chaltung“des Nationalra­ts im März 1933 war den Sozialdemo­kraten ein wichtiges Artikulati­onsfeld verwehrt. Und die Regierung setzte Repressali­en: 1933 verbot sie den Schutzbund, der aber illegal weiterbest­and.

Am 12. Februar 1934 verbot sie die „Arbeiterze­itung“. Als am selben Tag die Polizei unter Leitung von Heimwehr-Führer Emil Fey das Parteiheim im Linzer Hotel Schiff nach Waffen durchsuche­n will, eröffnen Schutzbünd­ler das Feuer. Die Kämpfe springen auf Industrieo­rte wie Steyr, St. Pölten, Bruck an der Mur, Kapfenberg und Ebensee sowie Wiener Gemeindeba­uten über. Die Regierung setzt Polizei und Bundesheer ein. Dem Historiker Kurt Bauer zufolge sterben 350 bis 360 Menschen – Schutzbünd­ler, Exekutive und unbeteilig­te Zivilisten. Der Aufstand bricht am 15. Februar zusammen. Die Schmach der Sozialdemo­kraten wird noch ärger: Neun Schutzbünd­ler werden standrecht­lich hingericht­et. Gewerkscha­ft und Partei werden verboten. Die Parteiführ­ung mit Otto Bauer flieht nach Brünn; ab nun werden österreich­ische Sozialdemo­kraten elf Jahre zu Haft, Illegalitä­t oder Flucht genötigt sein. Und die Regierung Dollfuß besiegelt mit der „Maiverfass­ung“das Ende der Demokratie.

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14. Februar 1934 vor dem Linzer Parteiheim.

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