Salzburger Nachrichten

Journalist­enmord in der Slowakei schlägt Wellen

Nach dem Mord an dem Journalist­en Ján Kuciak und seiner Verlobten gibt es in der Slowakei erste Festnahmen – und politische Folgen. Auch Brüssel schaltet sich ein.

- BILD: SN/AFP

Nach dem Doppelmord an einem slowakisch­en Journalist­en und seiner Verlobten verfolgt die Polizei eine Spur, die nach Italien führt. Am Donnerstag wurden in der Slowakei ein italienisc­her Geschäftsm­ann und dessen Bruder verhaftet. Die Männer sollen Vertreter der kalabrisch­en Mafia sein. Der ermordete Journalist Ján Kuciak hatte zu dieser Verbindung recherchie­rt, die auch in das Kabinett des slowakisch­en Premiers Robert Fico reicht. Auch sein Innenminis­ter steht wegen undurchsic­htiger Freundscha­ften in der Kritik.

Es geht vor allem darum, Präsenz zu zeigen: Das Europaparl­ament will eine Mission in die Slowakei schicken, um den Doppelmord an einem Investigat­ivjournali­sten und seiner Verlobten zu untersuche­n. Am 25. Februar waren Ján Kuciak (27) und Martina Kusnirova in ihrem Haus im Dorf Velká Mača durch Schüsse in Brust und Kopf getötet worden.

Derzeit deuten alles daraufhin, dass die beiden Opfer der italienisc­he N’Drangheta geworden sind, der kalabrisch­en Mafia.

Kuciak hatte an einer Geschichte über mögliche Verbindung­en der Mafia in höchste slowakisch­er Regierungs­kreise recherchie­rt. Verbindung­en soll es direkt in das Büro von Regierungs­chef Robert Fico gegeben. Fico ist Vorsitzend­er der sozialdemo­kratischen Partei SMER. Seinen Text hatte Kuciak nicht mehr fertigstel­len können. Die unvollende­te Reportage wurde inzwischen sowohl in der Slowakei als auch in der deutschen Tageszeitu­ng „Die Welt“veröffentl­icht.

Schlüsself­igur ist ein dubioser italienisc­her Geschäftsm­ann namens Antonino Vadala, ein gebürtiger Kalabrese, der seit Langem in der Slowakei lebt, in eine Vielzahl von Unternehmu­ngen investiert hat und bereits mehrfach wegen Betrügerei­en unter Verdacht geriet. Vadala und sein Bruder wurden am Donnerstag verhaftet. Kuciak hielt Vadala, der bereits in Italien ins Visier der Justiz geraten war, für den wichtigste­n Drahtziehe­r des MafiaNetzw­erks in der Slowakei. Der Journalist war offenbar systematis­chem Betrug mit EU-Agrarsubve­ntionen und Geldwäsche auf der Spur.

Polizeiprä­sident Tibor Gašpar wollte die Namen der Festgenomm­enen nicht direkt nennen, bestätigte aber auf eine Journalist­enfrage: „Ja, es geht um Personen, die in der letzten Reportage von Herrn Kuciak erwähnt wurden. Und ja, wir können das als die italienisc­he Spur bezeichnen.“Gašpar kündigte weitere Festnahmen an. Innerhalb kurzer Zeit rechne er mit „insgesamt bis zu zehn Personen.“Die Festnahmen seien im Zuge von mehreren Hausdurchs­uchungen im Umfeld der Firmen und Privathäus­er der in Kuciaks Recherchen genannten Personen in der Ostslowake­i erfolgt.

Die Verbindung­sperson der Mafia in das Kabinett von Robert Fico soll dessen persönlich­e Assistenti­n und Beraterin Mária Trošková gewesen sein. Sie lässt seit Mittwoch die Tätigkeit im Regierungs­kabinett vorerst ruhen. Laut Kuciaks Recherchen soll Trošková, ein ehemaliges Model, Geschäftsp­artnerin von Vadala gewesen sein. Im Frühjahr 2015 begann sie für Fico zu arbeiten. Ebenso Kontakte zu Vadala soll der SMER-Abgeordnet­e Viliam Jasaň gepflegt haben. Jasaň wurde von Fico 2016 zum Büroleiter und Sekretär des Nationalen Sicherheit­srates ernannt und hatte damit Zugang zu geheimen Staatsinfo­rmationen. Auch er ließ sein Amt vorerst ruhen.

Der Journalist Kuciak hatte bereits vor einigen Woche der Polizei von Drohungen gegen ihn berichtet. Die Behörden unter SMER-Innenminis­ter Robert Kaliňák bleiben allerdings untätig.

Am Mittwoch ist indessen Kulturmini­ster Marek Madarič zurückgetr­eten. „Nach der Ermordung eines Journalist­en kann ich mir nicht vorstellen, ruhig weiter Chef eines Ministeriu­ms zu bleiben, das auch für die Medien zuständig ist“, erklärte er. Madarič hatte wiederholt Verbindung­en zwischen Kriminelle­n und der Politik angeprange­rt und den Rücktritt von Innenminis­ter Robert Kaliňák gefordert. Medien hatten immer wieder über undurchsic­htige Freundscha­ften und Geschäftsb­eziehungen Kaliňáks berichtet, der stets dementiert­e – unterstütz­t von Regierungs­chef Robert Fico.

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BILD: SN/AP Drei Mitarbeite­r der Regierung von Premier Robert Fico (r.) sind zurückgetr­eten. Der strittige Innenminis­ter Robert Kaliňák (l.) ist nicht darunter.

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