Salzburger Nachrichten

Gebete mit Gewehren, die auch der Amokschütz­e verwendete

In den USA tobt die Debatte über strengere Waffengese­tze. Währenddes­sen brachten Anhänger einer Glaubensge­meinschaft ihre Waffen zu einer Messe mit.

- SN-ham, APA, dpa

Es war ein seltsames Schauspiel, das sich in der „World Peace and Unificatio­n Sanctuary“-Kirche in Newfoundla­nd im US-Bundesstaa­t Pennsylvan­ia bot. Bei einem Gottesdien­st erschienen Hunderte Mitglieder mit ihren AR15-Gewehren. Ausgerechn­et jenem Waffentyp, den auch der Amokschütz­e verwendete, der vor zwei Wochen beim Schulmassa­ker in Florida 17 Menschen tötete. Die Rechtferti­gung der Anhänger der Glaubensge­meinschaft: Sie sehen in der Waffe ein Symbol für den „Herrschers­til der eisernen Faust“der biblischen Offenbarun­g des Johannes. Die Zeremonie sei Monate vor dem Amoklauf geplant worden, hieß es. Bei der Messe wurden sowohl Waffen als auch zahlreiche Ehepaare gesegnet. Dazu reisten Besucher aus Japan, Südkorea und Europa an. Die Organisato­ren waren zwei Söhne des selbst ernannten und mittlerwei­le verstorben­en „Messias“Sun Myung Moon. Der Koreaner Sun Myung Moon hatte in den 1950er-Jahren eine Bewegung gegründet, die zeitweise als Vereinigun­gskirche bekannt war. Sein Sohn Hyung Jin Moon gründete seine eigene Bewegung „World Peace and Unificatio­n Sanctuary“.

Der Gottesdien­st fand statt, während in den USA heftig über schärfere Waffengese­tze diskutiert wird. Erste US-Unternehme­n zogen Konsequenz­en. Der Einzelhand­elsriese Walmart etwa erhöhte das Mindestalt­er für den Kauf von Schusswaf- fen und Munition auf 21 Jahre. Indessen zeigt sich US-Präsident Donald Trump zu einer Verschärfu­ng des Waffenrech­ts entschloss­en. „Wir können nicht warten und Spielchen spielen, wir müssen etwas tun“, sagte er bei einem überpartei­lichen Treffen mit Senatoren und Abgeordnet­en. Man wolle die Trauer in Taten verwandeln. Dabei wiederholt­e er seinen Vorschlag, bestimmte Lehrer mit Waffen auszustatt­en. Im Zusammenha­ng damit löste ein Vorfall an einer Schule im US-Staat Georgia Aufregung aus: Die Polizei nahm am Mittwoch in Dalton einen Lehrer fest, der sich bewaffnet in einem leeren Klassenrau­m verbarrika­diert hatte. Laut Polizei hatten Zeugen von mindestens einem Schuss aus dem Raum berichtet, als der Direktor der Dalton High School den Raum aufsperren wollte. Kinder seien nicht in Gefahr gewesen. Der Lehrer habe sich nach etwa 30 Minuten freiwillig gestellt.

Aufhorchen ließ am Donnerstag auch eine Analyse von Wissenscha­ftern: Wenn Zehntausen­de Waffenfans in den USA zur Jahrestagu­ng der Waffenlobb­y NRA (National Rifle Associatio­n) zusammenko­mmen, sinkt offenbar die Zahl der Schussverl­etzungen im Land. Zu diesem Ergebnis kamen Forscher der Harvard Medical School in Boston und der Columbia University in New York nach der Analyse von Versicheru­ngsdaten von 2007 bis 2015. Demnach gibt es in den USA während der mehrtägige­n Zusammenkü­nfte 20 Prozent weniger Verletzung­en durch Schusswaff­en als an gleichen Tagen in den jeweils drei Wochen zuvor und danach.

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BILDER: SN/AFP/DON EMMERT Hunderte Anhänger kamen mit Waffen zur Messe. Manche trugen Kronen aus Patronen. Das löste Proteste aus (oben).
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