Holla da reitulio: Eine App ermöglicht es, Jodeln zu lernen
Weltneuheit aus der Steiermark: Technische Innovation will vor allem Jugendliche „aus der vokalen Reserve locken“.
GRAZ. Jodeln lernen in zwei Minuten? „Ist möglich“, sagt Hermann Härtel, der für die weltweit einzigartige Jodler-App verantwortlich zeichnet. Eine altehrwürdige vokale Tradition der Alpenrepublik findet über moderne Technik internationale Verbreitung. „Wir wollen insbesondere der jüngeren Generation einen Zugang zur Königsdisziplin des österreichischen Gesangs ermöglichen“, sagt Härtel.
Der 69-jährige steirische Volksliedexperte beschäftigt sich seit den 1970er-Jahren mit dem Jodeln. „Damals waren Jodler noch die Lückenbüßer in der Liederbüchern, wurden von vielen nicht ernst genommen“, berichtet Härtel. Mit den 1990er-Jahren habe dann in heimischen Breiten eine Renaissance des Jodelns eingesetzt. Verantwortlich dafür war neben Härtel auch der singende Bergbauernsohn Franz Zöhrer (1937–2012). Jodelschulen, -feste und -workshops begannen sich zu etablieren, zudem griff auch die volkstümliche Musik verstärkt Elemente aus der Volksmusik auf. „Das Jodeln ist dazu geeignet, sich wieder der eigene Stimme zu besinnen und Emotionen auszuleben“, betont Hermann Härtel. Und: „Nicht zu singen bedeutet einen authentischen Rückschritt zu machen, es kommt einem Verlust des Menschseins gleich“, sagt der Obersteirer. Brauchen die Jodler eine App? „Nein, wer wie ich immer auf den Bergen unterwegs ist, singt die Jodler ohne technische Hilfsmittel.“Mit der App könne man aber neue Zielgruppe erreichen. Jodeln lernen werde leicht gemacht: „Die App ist immer dabei – in der U-Bahn, auf der Rolltreppe, in der Tiefgarage, in der Karibik, im Hörsaal, auf der Toilette oder auf dem höchsten Gipfel.“
Die Jodler-App hat es sich zum Ziel gesetzt, deren Benutzer „aus der vokalen Reserve“zu locken. Insgesamt 64 Jodler können im Selbststudium – mit den Funktionen zum Nachjodeln – erlernt werden. Der Admonter Echojodler, der Ramsauer Jodler und der Rottenmanner Jodler beispielsweise.
Neben der Liedsammlung mit Quellenangaben und Lernanleitung gibt es über die App auch einiges Wissenswertes zum Jodeln. Die eigenen praktischen Jodelergebnisse können dann gleich mit Freundinnen und Freude geteilt werden: Holla da reitulio!
Was vorerst nur in Deutsch und Englisch angeboten wird, soll demnächst „in sieben Weltsprachen“auf den Markt kommen. Denn: „Wir hoffen, dass sich die Lust am Jodeln im Schneeballsystem verbreitet“, sagt Hermann Härtel, der als einen der Hoffnungsmärkte China bezeichnet. „Die Chinesen sind ungemein begeisterungsfähig und auch stimmlich talentiert.“Prinzipiell könne, sagt Härtel, jeder Jodeln lernen. Jeder Mensch sei musikalisch, wiewohl bei manchen das Talent eben verschütt gegangen sei.