Dokumente belasten Ex-Boss von VW
War Martin Winterkorn schon im Mai 2014 über Abgasbetrug informiert?
In der Affäre um manipulierte Abgaswerte bei Volkswagen geraten der Konzern und sein ehemaliger Vorstandsvorsitzender Martin Winterkorn stärker unter Druck. Laut einem Bericht des „Handelsblatts“existieren zwei Dokumente vom Mai 2014, in denen dem damaligen Konzernchef detailliert über den Verstoß gegen US-Abgasvorschriften berichtet wird. Der Skandal um den Einsatz betrügerischer Software zur Abgasmessung von Dieselautos, die VW in den USA verkaufte, flog erst 16 Monate später auf.
Laut dem Zeitungsbericht verfügte das Landgericht Stuttgart, dass der Wolfsburger Autoproduzent die beiden Dokumente offenlegen muss. Die dem „Handelsblatt“vorliegenden Schreiben stammen von Frank Tuch, dem damaligen Chef der Qualitätssicherung bei VW, sowie Bernd Gottweis, der den Ausschuss für Produktsicherheit leitete. Tuch schlug in dem an Winterkorn adressierten Schreiben Alarm: „Bei Real Driving Emission Tests (RDE) in den USA wurden die Stickoxid-Grenzwerte deutlich überschritten – um den Faktor 15 bis 35“, zitiert das „Handelsblatt“aus dem Brief. Die Behörden erwarteten eine entsprechende Kommentierung, die VW-Aggregateentwicklung habe deshalb eine Arbeitsgruppe gegründet, schreibt Tuch.
Das Schreiben erhielt Winterkorn dem Bericht zufolge in seinem Wochenendkoffer Ende Mai 2014. Damit wurden Informationen an die VW-Chefs übermittelt. Auch die Gottweis-Notiz war enthalten. Dort sei explizit von einem „Defeat Device“die Rede, also einer illegalen Abschalteinrichtung, nach der die US-Behörden vermutlich suchen würden, so das „Handelsblatt“.
Die neuen Erkenntnisse sind im Hinblick auf die milliardenschweren Aktionärsklagen wichtig, die in Stuttgart und Braunschweig anhängig sind. Die Investoren machen geltend, dass VW die Öffentlichkeit erst am 22. September 2015 – und damit viel zu spät – über den Dieselskandal informierte.