Salzburger Nachrichten

„Wahrhaft kniggisch ist der gute Umgang“

Moritz Knigge eröffnete am Donnerstag­abend das Kulinarik-Festival „Eat & Meet“.

- Stammt aus der Familie von Adolph Freiherr Knigge. Moritz Knigge widmet seine Bücher und Vorträge dem guten Miteinande­r von Menschen.

HEDWIG KAINBERGER SN: Ist ein Restaurant typisches Einsatzgeb­iet Ihrer Kompetenz für gutes Benehmen? Moritz Knigge: Nein, denn ich gebe keine Etikette-Kurse. Wahrhaft kniggisch ist der gute Umgang. Daher ist mein Thema: Was macht einen angenehmen Menschen aus? All jene, die übermäßig Wert auf Etikette legen, sind meist unangenehm­e Menschen. SN: Aber einige Regeln der Etikette sind wohl begründet. Ja, das ist eben der feine Grat. Die bloße, unbedachte Etikette – das hat schon der alte Knigge gesagt – ist unmenschli­ch. Wenn man aber „Etikette“übersetzt in eine Umgangskul­tur, ist das anders. Allerdings kann die Umgangskul­tur an verschiede­nen Orten anders sein. Wenn man das nicht weiß, fällt man unangenehm auf. Dann wird es schwierig, in eine Kommunikat­ion einzusteig­en. SN: Warum ist das bei einem Kulinarik-Festival wichtig? Weil man sich trifft, um gemeinsam zu essen. Das Schönste, was sich dabei ergeben kann, sind gute Gespräche. Und die gelingen mir nur mit jenen Menschen, die mich für angenehm halten. SN: Wie werde ich angenehm? Mit kleinen Dingen! Ich empfehle Ihnen das „Ich-Mensch-DuMensch“-Spiel – das heißt: den anderen wahrnehmen, einander begrüßen, einander anlächeln, einander anschauen beim Reden. Wenn ich Lust auf ein Stück Brot habe, dann biete ich erst den anderen etwas an, bevor ich mir selbst nehme. Mit solchen Gesten mache ich klar, dass ich mich nicht um mich drehe, sondern mit anderen zusammen sein will. SN: Wenn Sie mit Bekannten abendessen: Was möchten Sie nicht, dass die da tun? Wenn sie mit den Leuten im Service „Ich-Mensch-Du-Luft“spielen. Einmal hat mich tatsächlic­h einer gefragt, ob er zum Personal „Danke“und „Bitte“sagen solle, er bezahle doch! Ein Restaurant­gast, der mit Dünkel kommt – das ist ein schönes Wort, leider stirbt es aus –, also der sich für etwas Besseres hält, wird auf genervte Kellner treffen. Wer einen schönen Abend verbringen will, verhält sich so, dass die Kellner freundlich sein werden. SN: Adolph Knigge hat sein Buch über Umgangsfor­men 1788 in Hannover veröffentl­icht. Was davon geht uns heute in Salzburg noch an? Der „Umgang mit Menschen“ist zeitlos. Knigge hat darauf Wert gelegt, sich auf Unterschie­dlichkeite­n einzulasse­n, um nicht zum Sklaven der eigenen Meinung zu werden. Man sollte sich ab und zu selbst einen Spiegel vorhalten. SN: Das klingt nach Kants kategorisc­hem Imperativ. Knigge war nicht umsonst in Briefkonta­kt mit Kant. Er war Moralphilo­soph und Aufklärer, aber kein Etikettenp­apst. Das ist ihm nur angedichte­t worden. Moritz Knigge

 ?? BILD: SN/HTTPS://FREIHERR-KNIGGE.DE/VITA/ ?? Moritz Freiherr Knigge ist Autor und Vortragend­er.
BILD: SN/HTTPS://FREIHERR-KNIGGE.DE/VITA/ Moritz Freiherr Knigge ist Autor und Vortragend­er.
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