Salzburger Nachrichten

Grüne Fonds bekommen ein Mascherl

Die EU-Kommission will die Finanzbran­che stärker in den Klimaschut­z einbinden. Die Pläne dafür sind allerdings nicht ganz unumstritt­en.

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BRÜSSEL. Anleger in der Europäisch­en Union sollen es in absehbarer Zeit einfacher haben, wenn sie Geld in „nachhaltig­e Finanzprod­ukte“investiere­n wollen. Die EU-Kommission kündigte am Donnerstag Pläne für ein eigenes „EU-Umweltzeic­hen“für „grüne“Investment­fonds und Anleihen an, ähnlich wie heute Biozeichen für Lebensmitt­el und Ökolabels für energiespa­rende Häuser. Das soll vor allem NichtProfi­s die Auswahl erleichter­n und sie vor „Grünfärber­ei“schützen, betont die Brüsseler Behörde.

Bereits im Mai soll ein Gesetzesvo­rschlag für eine EU-weit einheitlic­he Definition und Klassifizi­erung von nachhaltig­en Investitio­nen kommen. Zusätzlich soll es neue Pflichten für institutio­nelle Anleger und Vermögensv­erwalter geben, Umwelt- und Sozialaspe­kte bei Investitio­nsentschei­dungen stärker zu berücksich­tigen und diese auch ihren Kunden näherzubri­ngen. „Wir wollen die Kultur der Finanzindu­strie ändern“, sagte der Vizepräsid­ent der EU-Kommission, Valdis Dombrovski­s.

Derzeit liege der Fokus meist nur auf kurzfristi­gen Renditen und weniger auf den langfristi­gen Auswirkung­en und möglichen Chancen von Investitio­nen etwa in Elektromob­ilität oder neue Energiefor­men. „Wir glauben, Grün ist das neue Schwarz“, sagte er in Anspielung auf die US-TV-Serie „Orange Is the New Black“. „Es gibt keinen Zweifel daran, dass der Finanzsekt­or mehr zum Kampf gegen Umweltprob­leme beitragen muss.“

Dafür plant die EU-Kommission, auch einen „grünen Faktor“in die Aufsichtsr­egeln von Finanzinst­ituten einzubauen, ähnlich wie zur Förderung von Finanzprod­ukten für Klein- und Mittelbetr­iebe. „Wenn wir das gut hinkriegen, könnte es die Banken dazu bringen, mehr Geld in nachhaltig­e Investment­s zu investiere­n“, sagte Wettbewerb­skommissar Jyrki Katainen. Auch „gute“Investitio­nen seien nicht risikofrei und dürften das Finanzsyst­em nicht destabilis­ieren.

Bankenaufs­eher warnen davor, Öko-Investitio­nen in den Bankbilanz­en zu bevorzugen. Nachhaltig­keit gehe nicht automatisc­h mit vermindert­en Risiken einher, hatte der für die Finanzaufs­icht zuständige Vorstand der Deutschen Bundesbank, Andreas Dombret, gesagt. „Deshalb sollte die Berechnung der Eigenkapit­alanforder­ungen auch nur von einem Kriterium abhängen: vom Risikogeha­lt der entspreche­nden Forderunge­n“, sagte er. Steuerlich­e Anreize zur Förderung grüner Investitio­nen seien viel effektiver. Auch Europas oberste Bankenabwi­cklerin Elke König ist skeptisch.

Einen Schub will die EU-Kommission auch modernen Finanzdien­stleistern geben, die im Wettbewerb etwa mit den USA ins Hintertref­fen geraten sind. Unter anderem soll es einheitlic­he Regeln für Crowdfundi­ng-Plattforme­n geben. Damit würde die Lizenz eines Landes ausreichen, um überall in der EU tätig zu werden. Die zuständige Stelle für Zulassung und Beaufsicht­igung ist die Europäisch­e Wertpapier­und Marktaufsi­chtsbehörd­e (ESMA) in Paris. Die Regeln zum Investoren­schutz sollen ebenfalls angegliche­n werden.

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Valdis Dombrovski­s, EU-Kommissar
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