Salzburger Nachrichten

Merkel, Macron und die EU

- HELMUT.MUELLER@SN.AT

Mit Verve und Vehemenz ist Deutschlan­ds neue GroKo nicht gerade gestartet. Kanzlerin Angela Merkel muss sich darauf einstellen, dass sich in ihrem vierten Kabinett die drei Koalitions­parteien künftig stärker als früher gegeneinan­der profiliere­n werden. Durch die Vereinbaru­ng, in der Mitte der Legislatur­periode eine Zwischenbi­lanz zu ziehen, haben die Beteiligte­n sogar eine Sollbruchs­telle in ihr Bündnis eingebaut. Die Koalitionä­re bringen sich dann womöglich schon für die NachMerkel-Ära in Stellung.

Aber ab sofort wird wieder richtig regiert in Berlin! Das lässt auch Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron hoffen, der gleich eine deutsche Antwort auf seine große EU-Vision einfordert. Auf die langwierig­e Regierungs­bildung ist es geschoben worden, dass Berlins Reaktion auf Macrons Initiative so lange auf sich hat warten lassen. Die Wahrheit freilich ist, dass die deutsche Regierung gar nicht gewillt ist, Macrons Reformidee­n für die Eurozone in dieser Form umzusetzen. Der Begriff „Transferun­ion“ist ein Schreckwor­t in Berlin.

Einen Rückschlag für Macrons Reformplän­e bedeutet auch der Erfolg europaskep­tischer Parteien bei der jüngsten Parlaments­wahl in Italien. Das Profil von Parteien wie Lega oder Fünf Sterne ist verschwomm­en, aber ihre EU-Position läuft darauf hinaus, eine „immer engere Union“abzulehnen. In ähnlicher Weise haben sich zuvor schon acht nordeuropä­ische EU-Länder unter der Führung der Niederland­e positionie­rt. Diese Gruppe ist gegen eine weitreiche­nde Übertragun­g von Kompetenze­n an die europäisch­e Ebene. Stattdesse­n sollen die Mitgliedss­taaten das letzte Wort haben, selbst Strukturre­formen vorantreib­en und den Stabilität­spakt respektier­en. Die dringend nötige EU-Reform dürfte schwierig werden.

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Helmut L. Müller

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