AMS klagt über schwierige Jobvermittlung für Migranten
„Angst“vor „gewaltbereiten“Tschetschenen. Jobs, die aus kulturellen Gründen nicht angenommen werden. All das wird in einem internen AMS-Papier beschrieben.
Ein interner Revisionsbericht des AMS zeichnet ein ernüchterndes Bild, was die Vermittlung von Migranten in den Arbeitsmarkt betrifft. Demnach seien es in vielen Fällen kulturelle Hürden, die einer Integration ins Berufsleben entgegenstehen. Laut diesem Bericht gibt es bei AMS-Beratern „übereinstimmende Wahrnehmungen“, wonach tschetschenische AMS-Kunden „überdurchschnittlich oft gewaltbereit“seien. Dies löse teilweise „Angst bei Beratern und Führungskräften“aus, die mitunter „sogar bedroht werden“. Tschetschenische Männer seien für die Reinigungsbranche nicht vermittelbar, bei Syrern, Afghanen und Tschetschenen sei die Vermittlung in die Gastronomie schwierig, „weil der Servicegedanke abgelehnt wird“.
AMS-Chef Johannes Kopf betonte im SN-Gespräch, dass es sich bei den Aussagen um Einzelbeobachtungen von AMS-Beratern handle, die keine Aussagekraft über die Gesamtsituation hätten. Sinn des Revisionsberichts sei es, aus den von den AMSMitarbeitern angesprochenen Pro- blemen Lösungen abzuleiten. Laut Bericht sind Migranten oft in Branchen mit hohem Arbeitslosigkeitsrisiko beschäftigt, weshalb die Wahrscheinlichkeit, den Job zu verlieren, überdurchschnittlich hoch sei. Dies belegen auch die Zahlen. In Wien haben 61 Prozent der AMS-Kunden Migrationshintergrund, in ganz Österreich sind es 42 Prozent.
„Revisionsbericht Nr. 2 – 2017“steht auf dem Deckblatt, darunter: „Betreuung von Personen mit Migrationshintergrund“. Das Konvolut ist 46 Seiten stark, es wurde im Juni des Vorjahres von der Revisionsabteilung des Arbeitsmarktservice (AMS) verfasst – und es ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Der Revisionsbericht beruht auf Interviews mit AMS-Betreuern und -Führungskräften in den Bundesländern Wien, Salzburg, Vorarlberg und Oberösterreich. Er enthält brisante Aussagen über die Schwierigkeiten, Personen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Besonders die „kulturellen Unterschiede“sind es, die den AMSKundenberatern zu schaffen machen. Die Autoren des Berichts räumen ein, dass die einschlägigen Aussagen „durch die allgegenwärtige Political Correctness auch angreifbar“seien. Dennoch habe man sie in den Bericht aufgenommen – als Einzelaussagen, die keine generelle Aussagekraft über die Gesamtsituation zuließen.
Demnach gebe es „übereinstimmende Wahrnehmungen“, dass tschetschenische AMS-Kunden „überdurchschnittlich oft gewaltbereit“seien. Teilweise herrsche „Angst bei Beratern und Führungskräften, die sogar bedroht werden“. Im Zweifel würde seitens des AMS „nichts unternommen, was beim Kunden Verärgerung hervorruft (zum Beispiel Vermittlungsvorschläge oder Kurszubuchung)“. Kulturelle Vorbehalte seitens einiger Migrantengruppen gebe es auch gegen die Aufnahme bestimmter Tätigkeiten. So seien „Tschetschenen nicht in die Reinigungsbranche vermittelbar (,Putzen ist Frauensache‘)“. Bei „Tschetschenen, Syrern und Afghanen“sei die „Vermittlung in soziale Berufe oder in die Gastronomie schwierig, weil der Servicegedanke abgelehnt wird“. „Bei Moslems verhindern Väter und Ehemänner soziale und berufliche Integration, sie treffen alle Entscheidungen für Kinder und Frauen.“
„Bei Moslems hat Bildung einen geringen Stellenwert, es steht die sofortige Arbeitsaufnahme im Vordergrund“, um die Familie zu unterstützen.
„Moslemische Mädchen bis 18 Jahre dürfen nicht an Ausbildungsmaßnahmen teilnehmen, weil argumentiert wird, dass sie nicht mit Männern in Kontakt kommen dürfen.“
„Ausländische Männer, vor allem moslemischen Glaubens, wollen nicht mit einer Beraterin sprechen und wünschen einen Wechsel in der Betreuung.“
„Interessant wird die Situation insbesondere dann, wenn der Kunde trotz Absolvierung einiger Deutschkurse die Sprache noch immer nicht erlernt hat oder dies vorgibt.“
Beim Auftreten von Dolmetschern, die einzelne AMS-Kunden begleiten, hätten die AMS-Vermittler den „Verdacht, dass nicht der wirkliche Kundenwunsch übersetzt“werde. „Bei Männern, die für Frauen übersetzen, ist nicht wirklich klar, ob die Frauen wirklich das wollen, was der Mann vorgibt zu übersetzen.“
So weit die Aussagen einzelner AMS-Betreuer, aus denen – darauf legt AMS-Chef Johannes Kopf auf Anfrage der SN Wert – nicht auf das große Ganze geschlossen werden könne.
Kopf verweist auch darauf, dass der Revisionsbericht nicht nur einen Problemaufriss darstelle, sondern auch etliche Lösungsvorschläge biete. In der Landesgeschäftsstelle Oberösterreich wurde bereits ein Migrationsbeauftragter installiert, es gebe auch einen Expertenrat für dieses Thema. Vorarlberg habe eine „Koordinationsstelle für Migration“geschaffen. In Wien gebe es ein „Diversity ManagementTeam“. Teilweise entstünden durch die Zuständigkeit mehrerer Behörden bürokratische Schwierigkeiten, die bereinigt werden müssten. Es gebe Weiterbildungsseminare für Führungskräfte, auch bemühe man sich um die Aufnahme von AMSMitarbeitern mit Migrationshintergrund, heißt es im Bericht.
Auch grundsätzlich will Kopf den Revisionsbericht als Beitrag zur Problemlösung verstanden wissen. Das AMS habe rund 6000 Mitarbeiter und berate im Jahr eine Million Menschen, die Revisionsabteilung habe die Aufgabe, gezielt Problemfelder zu definieren und Verbesserungsvorschläge zu machen.
Die Sorge etlicher AMS-Mitarbeiter, im Umgang mit Migranten der Diskriminierung bezichtigt zu werden, führe laut Revisionsbericht übrigens mitunter zu einer umgekehr- ten Diskriminierung. Es würde mit „bestimmten Kundengruppen“nachsichtiger umgegangen, „weil der/die einzelne Berater/-in Angst davor hat, dass sich ausländische Kunden oder Netzwerke über das AMS und dessen angebliche Benachteiligung bestimmter Kunden und Kundinnen“beschweren – was dann zur Diskriminierung anderer Kunden führe.
Was die Fallzahlen betrifft, handelt es sich um ein nicht unerhebliches Problem. Österreichweit haben 42 Prozent der AMS-Kunden einen Migrationshintergrund, in Wien sind es sogar 61 Prozent.
„Beraten eine Million Menschen.“Johannes Kopf, AMS-Chef