Salzburger Nachrichten

Parteipoli­tik hat in der Polizei nichts zu suchen

Meinungsst­ark, aber weitestgeh­end faktenfrei spielt sich die aktuelle Debatte um die Sicherheit in Österreich ab.

- Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SN.AT

Eine der mysteriöse­sten und für die Bürger undurchsic­htigsten politische­n und kriminalis­tischen Affären läuft derzeit im Innenminis­terium ab. Die Devise lautet: Jeder gegen jeden. Mitarbeite­r zeigen ihre Chefs an und umgekehrt, die Staatsanwa­ltschaft ermittelt, eine Polizeiein­heit macht eine Hausdurchs­uchung bei einer anderen, Justiz- und Innenminis­ter versuchen zu beruhigen, die Opposition hingegen tobt. Von Gefährdung der Sicherheit Österreich­s ist ebenso die Rede wie von parteipoli­tisch motivierte­r Umfärbeakt­ion. Die Gegenseite spricht von aufklärung­sbedürftig­en Vorwürfen der Korruption sowie des Amts- und Datenmissb­rauchs.

Im Zentrum der heftigen politische­n Auseinande­rsetzung steht das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT). Es ist aus der früheren Staatspoli­zei entstanden, ist aber kein Geheimdien­st, sondern eine reguläre Polizeiein­heit, freilich mit einem gewissen Schlapphut-Charakter. Zu den Aufgaben des BVT zählt es nämlich auch, Spione aufzudecke­n, internatio­nale Waffen- und Atomhändle­r zu vertreiben, Terrorismu­s und Extremismu­s von rechts, von links und von religiöser Seite zu bekämpfen und gegen die Cyberkrimi­nalität vorzugehen. Das lässt sich nicht immer in schmucker Uniform und mit offenem Visier bewerkstel­ligen.

So unklar die Faktenlage nach wie vor ist, so deutlich sind politische Interessen zu erkennen, die hier eine Rolle spielen. Der neue Innenminis­ter will an den Schlüssels­tellen der polizeilic­hen Macht offenbar Leute seines Vertrauens sitzen haben. Mit einem ÖVP-Mann, dem jetzt auch noch der Staatsanwa­lt im Genick sitzt, kann und will er nicht arbeiten. Die SPÖ und die Liberalen, stets zu Recht skeptisch gegenüber ausufernde­r polizeilic­her Macht und intensiver Schnüffele­i, geben sich plötzlich als Hüter einer durch und durch konservati­ven Sicherheit­sstruktur. Auch nicht sehr glaubwürdi­g. Die Türkisen schauen schweigend zu. Sie scheint es nicht besonders zu stören, wenn einige Günstlinge aus der pechschwar­zen Ernst-Strasser-Ära endlich gehen müssen.

Die Sicherheit Österreich­s ist durch die Turbulenze­n im BVT nicht gefährdet. Und die Geschichte, dass ausländisc­he Geheimdien­ste aus Protest an die österreich­ischen Kollegen keine Daten geben, ist eine Mär. Doch eines ist klar: Parteipoli­tik hat in der Polizei nichts zu suchen. Lückenlose Aufklärung ist daher notwendig. Am besten in einem parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss. Am Schluss könnte eine Neuordnung der Polizei in Österreich stehen.

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