Parteipolitik hat in der Polizei nichts zu suchen
Meinungsstark, aber weitestgehend faktenfrei spielt sich die aktuelle Debatte um die Sicherheit in Österreich ab.
Eine der mysteriösesten und für die Bürger undurchsichtigsten politischen und kriminalistischen Affären läuft derzeit im Innenministerium ab. Die Devise lautet: Jeder gegen jeden. Mitarbeiter zeigen ihre Chefs an und umgekehrt, die Staatsanwaltschaft ermittelt, eine Polizeieinheit macht eine Hausdurchsuchung bei einer anderen, Justiz- und Innenminister versuchen zu beruhigen, die Opposition hingegen tobt. Von Gefährdung der Sicherheit Österreichs ist ebenso die Rede wie von parteipolitisch motivierter Umfärbeaktion. Die Gegenseite spricht von aufklärungsbedürftigen Vorwürfen der Korruption sowie des Amts- und Datenmissbrauchs.
Im Zentrum der heftigen politischen Auseinandersetzung steht das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Es ist aus der früheren Staatspolizei entstanden, ist aber kein Geheimdienst, sondern eine reguläre Polizeieinheit, freilich mit einem gewissen Schlapphut-Charakter. Zu den Aufgaben des BVT zählt es nämlich auch, Spione aufzudecken, internationale Waffen- und Atomhändler zu vertreiben, Terrorismus und Extremismus von rechts, von links und von religiöser Seite zu bekämpfen und gegen die Cyberkriminalität vorzugehen. Das lässt sich nicht immer in schmucker Uniform und mit offenem Visier bewerkstelligen.
So unklar die Faktenlage nach wie vor ist, so deutlich sind politische Interessen zu erkennen, die hier eine Rolle spielen. Der neue Innenminister will an den Schlüsselstellen der polizeilichen Macht offenbar Leute seines Vertrauens sitzen haben. Mit einem ÖVP-Mann, dem jetzt auch noch der Staatsanwalt im Genick sitzt, kann und will er nicht arbeiten. Die SPÖ und die Liberalen, stets zu Recht skeptisch gegenüber ausufernder polizeilicher Macht und intensiver Schnüffelei, geben sich plötzlich als Hüter einer durch und durch konservativen Sicherheitsstruktur. Auch nicht sehr glaubwürdig. Die Türkisen schauen schweigend zu. Sie scheint es nicht besonders zu stören, wenn einige Günstlinge aus der pechschwarzen Ernst-Strasser-Ära endlich gehen müssen.
Die Sicherheit Österreichs ist durch die Turbulenzen im BVT nicht gefährdet. Und die Geschichte, dass ausländische Geheimdienste aus Protest an die österreichischen Kollegen keine Daten geben, ist eine Mär. Doch eines ist klar: Parteipolitik hat in der Polizei nichts zu suchen. Lückenlose Aufklärung ist daher notwendig. Am besten in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Am Schluss könnte eine Neuordnung der Polizei in Österreich stehen.