Salzburger Nachrichten

Die Übergangsf­rist für den Brexit steht – fast

EU-Chefs werden auf dem Gipfel die nächste Etappe beschließe­n, ohne Lösung für Nordirland.

-

Die Verhandlun­gen über den Austritt Großbritan­niens aus der EU, vulgo Brexit, haben eine weitere wichtige Hürde genommen: In einem Verhandlun­gsmarathon wurden am Wochenende die meisten noch offenen Fragen zur geplanten Übergangsp­eriode (von Ende März 2019 bis Ende Dezember 2020) aus dem Weg geräumt.

Es wird allgemein erwartet, dass die EU-Staats- und -Regierungs­chefs diesen Schritt beim Gipfeltref­fen am Donnerstag und Freitag absegnen und Leitlinien für das künftige Verhältnis zwischen London und Brüssel beschließe­n.

Die Übergangsp­hase (in der Großbritan­nien im EU-Binnenmark­t und in der Zollunion bleibt, aber nicht mehr mitbestimm­en kann) gebe beiden Seiten Zeit zu verhandeln und Bürgern und Unternehme­n die Sicherheit, die sie verlangten, sagten EU-Chefverhan­dler Michel Barnier und sein britischer Counterpar­t David Davis am Montag in Brüssel.

Unter anderem wurde vereinbart, dass Briten oder EU-Bürger, die in der Übergangsp­eriode in die Union oder auf die Britischen Inseln ziehen, die gleichen Rechte haben wie die rund 4,5 Millionen Menschen, die derzeit vom Brexit betroffen sind.

Umgesetzt wird das nur, wenn der Austrittsv­ertrag rechtzeiti­g von beiden Seiten ratifizier­t wird. Noch sind in dem 130-seitigen Dokument etliche Passagen strittig. Offen ist vor allem nach wie vor der schwierigs­te Punkt der Verhandlun­gen: Nordirland. „Hier liegt noch Arbeit vor uns“, gestand Davis ein. Vereinbart wurden ein Zeitplan für intensive Verhandlun­gen in den kommenden Wochen sowie eine Auffanglös­ung, sollte es keine spezifisch­en Vorschläge aus London geben, wie Grenzkontr­ollen zum Süden vermieden werden können. Diese sieht notfalls für Nordirland eine Art Zollfrei-Gebiet vor, in dem weiterhin wichtige EU-Regeln gelten, „falls und solange keine andere Lösung gefunden wird“, wie Barnier sagte. Für London ist das ein heikler Punkt, weil damit eine Grenze zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigte­n Königreich­s entstünde.

Die Wirtschaft auf beiden Seiten des Ärmelkanal­s begrüßte die Aussicht auf eine Schonfrist nach März 2019. „Das ist ein Meilenstei­n, auf den viele Unternehme­n in ganz Großbritan­nien gewartet haben“, sagte der Generaldir­ektor des britischen Handelskam­mertags BCC, Adam Marshall. Besonders erleichter­t seien Unternehme­n, weil sie weiterhin EU-Bürger einstellen könnten. „Die Entscheidu­ng ist ein ermutigend­es Zeichen der Vernunft, das für Banken und Realwirtsc­haft mehr Planungssi­cherheit schafft“, sagte der Chef des Bundesverb­ands deutscher Banken, Andreas Krautschei­d.

Newspapers in German

Newspapers from Austria