Die Kirche feiert und hilft
Neben Festveranstaltungen begeht die Diözese Graz-Seckau heuer ihr 800-Jahr-Jubiläum auch mit sechs karitativen Projekten. Gewünscht ist eine Abkehr vom „kirchlichen Biedermeier“.
GRAZ. Die steirische Diözese Graz-Seckau feiert heuer ihr 800-Jahr-Jubiläum. Bischof Wilhelm Krautwaschl ist es ein „Herzensanliegen“, neben dem Feiern landesweit auch die Lebensumstände von Menschen, die in Not sind, zu verbessern. So wird unter anderem in Leoben eine Notschlafstelle für Bedürftige eingerichtet: „Die Betroffenen erhalten dort auch Verpflegung, können sich duschen, Wäsche waschen und Beratungen in Anspruch nehmen, um einen Ausweg aus ihrer Krisensituation finden zu können.“
Weiters wird im Grazer Ressidorf, einem Zentrum für wohnungslose, psychisch und suchtkranke Menschen die Infrastruktur verbessert, in Judenburg entsteht ein Nähraum für Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen. Im Ennstal und im Ausseerland wird ein Freiwilligen-Netzwerk aufgebaut, um Menschen, die von Einsamkeit, Trauer betroffen sind, zu helfen. Ein Lerncafé für Kinder in Feldbach soll das interkulturelle Miteinander fördern, in der Region Südoststeiermark wiederum entsteht für Flüchtlinge, die einen positiven Aufenthaltsstatus erreichen, eine mobile Integrationsberatung. „Feiern heißt nicht, sich hochzujubeln. Das Jubiläum selbst ist ein Geschenk, das wir weitergeben“, erklärt Bischof Krautwaschl.
Auf direkte Einbindung der Bevölkerung setzt das Projekt „Allezeit“. Musiker wurden eingeladen, neue Texte – unter anderem auch von Altbischof Egon Kapellari – zu vertonen. Diese Kompositionen werden Eingang in die Gottesdienste finden, gleichzeitig werden unter dem Motto „Freestyle“auch „Rituale für den (Schul-) Alltag junger Menschen entworfen. Für Thomas Bäckenberger, den Generalsekretär des Prozesses „Weg2018“, ist es klar, dass „Kirche sich ändern muss, wenn sie in Zukunft noch Relevanz haben will“.
Man wolle eine Kirche sein, die „nicht von vornherein alle Antworten auf die Fragen der Menschen hat“, da Antworten auf die zentralen Lebensfragen nur gemeinsam mit den Menschen gefunden werden könnten. Wesentliche Charakterzüge einer Kirche der Zukunft seien, sagt Bäckenberger, die Solidarität mit den Armen und Benachteiligten sowie die Achtsamkeit für jene, die physische, psychische oder wirtschaftliche Barrieren überwinden müssten. Das Jubiläumsfest am 23. und 24. Juni in Graz wollen die Organisatoren „gemeinsam, bunt, katholisch“gestalten, wobei katholisch auch über die Grenzen hinaus funktionieren soll. Auf einer „Kirchenmeile“in der Herrengasse werden 20 Stationen „buntes Programm“bieten. Auf Nachfrage räumte Bäckenberger ein, dass aus Anlass des zeitgleich stattfindenden „Christopher Street Day“gemeinsame Aktivitäten mit der schwul-lesbischen Community geplant seien.
Der Grazer Dompfarrer Heinrich Schnuderl betonte, dass es nicht darum gehe, den Leuten den Glauben einzubläuen, sondern „die Freude am Glauben zu erneuern“. In den vergangenen Jahren habe es in der heimischen Kirche ein „zu starkes Biedermeier“gegeben, man habe sich zu sehr auf die eigenen, kirchlichen Strukturen zurückgezogen.
„Jubiläen können etwas Selbstherrliches haben, können langweilig und verstaubt sein“, sagte Johannes Rauchenberger, der Kurator des Jubiläumsjahres. Damit dem nicht so ist, werden fünf Ausstellungen „an historischen Orten“stattfinden. Konkret will man christliche Werte („Geschichte ist nicht nur Fessel, auch Wurzel“) in die Kunst und Kultur der Gegenwart transformieren: „Wir nutzen ein kirchengeschichtliches Zeitfenster von großer Weite und Liberalität.“