Diebe stehlen sogar von Gräbern
Fassungslos wandte sich eine Trauerfamilie an die SN: Einen Tag nach der Beerdigung wurde ein Kranz vom Grab des Verstorbenen gestohlen.
SALZBURG-STADT. Von einem geliebten Menschen Abschied nehmen zu müssen, ist schwer genug. Eine Salzburger Familie suchte für das Begräbnis ihres Angehörigen auf dem Kommunalfriedhof mit viel Liebe zum Detail Blumen und Kränze aus: Fünf sehr persönliche letzte Grüße, darunter ein österlicher Kranz der vier Söhne, gebunden aus immergrünen Zweigen und Palmkätzchen.
Einen Tag nach der Beisetzung machte sich die Familie zum ersten Besuch am Grab auf. Ein schwerer Weg, eine traurige Situation. Was die Trauernden aber dort entdecken mussten, machte sie fassungslos: „Mit großem Entsetzen mussten wir feststellen, dass der österliche Kranz der vier Söhne nicht mehr am Grab war“, schreibt die Familie den SN. Keine 24 Stunden waren seit dem Begräbnis vergangen.
Nachforschungen bei der Friedhofsverwaltung brachten kein Ergebnis. Gräber in der näheren Umgebung wurden abgesucht: „Es klingt absurd, aber wir dachten, vielleicht hat ihn sich jemand ausgeliehen. Man geht ja nicht davon aus, dass es so etwas gibt, dass wirklich jemand einen Kranz stiehlt“, sagt eine der Angehörigen. Der entwendete Kranz sei der neutralste auf dem Grab gewesen. Er sei bewusst so gewählt worden, damit er lange bei dem Verstorbenen bleiben hätte können. „Der Kranz war so wunderschön und jetzt ist er weg. Da schnürt es einem den Hals zu.“
Von einer Anzeige gegen unbekannt wolle die Trauerfamilie absehen. Niemand habe den Vorfall beobachtet, es gebe keine Kameras. Bei der städtischen Friedhofsverwaltung herrscht Betroffenheit: „Es kommt leider immer wieder vor, dass etwas gestohlen wird. Aber dass ein Kranz von einem Grab gestohlen wird, das hat es in meiner Erinnerung noch nie gegeben“, sagt Friedhofsverwalter Manfred Obermair.
Je größer und unübersichtlicher ein Friedhof, desto häufiger sei das Problem. Gestohlen würden Kerzen, Gießkannen, Dekorationsgegenstände bis hin zu saisonalem Blumenschmuck oder Gestecken. Es sei sogar schon vorgekommen, dass jemand Blumen aus dem Nachbargrab ausgegraben und im eigenen Grab eingepflanzt habe.
Auf dem Kommunalfriedhof gab es auch bereits Fälle, in denen Vögel Blumen ausgegraben haben oder mit Grabkerzen spielen. Eichhörnchen haben es oft auf kleine Zapfen in Gestecken abgesehen.
Bei einem von Menschen begangenen Grabdiebstahl handelt es sich rechtlich gesehen um das Delikt der „Störung der Totenruhe“. Bei einer Verurteilung drohen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Monaten oder eine Geldstrafe.
Für den ressortzuständigen Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) sind diese Diebstähle „beschämend“. Das Problem nehme derzeit nicht überhand, „aber jeder Einzelfall ist traurig“. Einen Kranz vom Grab eines Verstorbenen zu entwenden sei „das Letzte“. Die Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung seien angehalten, verdächtige Beobachtungen zu melden und Personen anzuhalten. Doch die Kontrolle sei schwierig. „Eine Polizeistreife würde nur die Friedhofsruhe stören“, sagt Preuner.
Die Trauerfamilie hofft, mit ihrem Schritt an die Öffentlichkeit für das Problem zu sensibilisieren: „Vielleicht ändert sich etwas, wenn die Leute das lesen.“
„Du rechnest ja nicht damit, dass jemand einen Kranz stiehlt.“Angehörige des Verstorbenen