Salzburger Nachrichten

„Großartige Freundscha­ft“

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman hat in den USA eine Charme-Offensive begonnen. Regie führen renommiert­e PR-Agenturen.

- Mohammed bin Salman, Kronprinz von Saudi-Arabien

Wer dieser Tage in Washington in ein Taxi einsteigt, weiß sofort Bescheid: „Der Mann, der Saudi-Arabien verändert“, heißt Mohammed bin Salman. Der vollbärtig­e saudische Kronprinz lächelt nicht nur von Taxitüren oder winkt auf Hochglanzf­otos, die im Zentrum Washington­s aufgehängt wurden. MBS, wie der Prinz genannt wird, wagte sich auch in amerikanis­che Talkshows. Dort hatte es der ungelenke 32-Jährige nicht immer leicht.

Seine primäre Botschaft scheint jedoch angekommen zu sein: Mit ihm an der Spitze von Saudi-Arabien werden die Frauen des Landes nicht nur gleichbere­chtigt sein. Sie können in Zukunft auch selbst entscheide­n, ob und wie sie sich verhüllen. „Eine respektvol­le und zurückhalt­ende Kleidung“müsse gewählt werden, keinesfall­s aber die schwarze Abaya, die 90 Prozent der saudischen Frauen tragen.

Dass das von MBS angeschlag­ene Reformtemp­o die konservati­ven Kleriker in seinem Heimatland überforder­n, vielleicht sogar gegen ihn aufbringen könnte, ist in den USA kein Thema. „Mit mir gibt es kein Zurück mehr“, erklärt der Sohn des angeblich dementen Königs Salman der CBS-Moderatori­n, aufhalten könne ihn „nur der Tod“.

Mehr als zwei Wochen wird der aus Großbritan­nien angereiste Kronprinz die USA bereisen. Seine Charme-Offensive wird von renommiert­en PR-Agenturen perfekt orchestrie­rt. Sie haben doppelseit­ige Anzeigen in den großen amerikanis­chen Tageszeitu­ngen platziert, in denen das Saudi-Arabien des MBS als „Brückenbau­er zwischen Europa und Fernost“gepriesen wird, ein modernes Königreich, das für Stabilität und Kontinuitä­t stehe.

Die dunklen Flecken der jüngeren Vergangenh­eit blendet man aus. Nicht Saudi-Arabien unterstütz­te Al-Kaida, behauptet MBS, „sondern der Iran“. Vergessen scheint, dass fast alle 9/11-Attentäter saudische Staatsbürg­er waren und auch deren Mentor Osama bin Laden einer noch immer prominente­n saudischen Familie angehörte. Noch während seines Wahlkampfe­s hatte US-Präsident Donald Trump den Angehörige­n der 9/11-Opfer versproche­n, von Riad Schmerzens­gelder in Milliarden­höhe zu fordern. Davon war beim Besuch keine Rede.

Zur Kasse, und zwar kräftig, werden die Saudis dennoch gebeten. 200 Milliarden Dollar werden sie für amerikanis­ches Kriegsgerä­t überweisen müssen. „Am Ende wird es sogar doppelt so viel sein“, sagte MBS, als er am Dienstagab­end von US-Präsident Donald Trump im Oval Office empfangen wurde. Das sei gut für die USA, sagte freudestra­hlend der US-Präsident. „Wir sind innerhalb sehr kurzer Zeit sehr gute Freunde geworden“, sagte Trump über Salman.

Heikle Themen wollte auch der junge Saudi nicht in der Öffentlich­keit erörtern. Aus seiner Überzeugun­g, dass er den iranischen Revolution­sführer Ali Khamenei für den „neuen Hitler“halte, den man nicht „wie damals“mit einer Beschwicht­igungspoli­tik gegenübert­reten könne, machte MBS allerdings erneut kein Geheimnis.

Damit war auch ohne öffentlich­e Debatte klar, dass der in den USA umstritten­e Krieg der Saudis gegen die Huthi-Rebellen im Jemen weitergehe­n wird. Schließlic­h seien die schiitisch­en Milizen für die entsetzlic­hen Leiden der Zivilbevöl­kerung verantwort­lich, hatte MBS in der „CBS-Show“verkündet und freundlich gelächelt, als kritische Nachfragen ausgeblieb­en waren.

Nach der Abreise aus Washington wird Salman in Seattle von Vertretern von Lockheed Martin und Boeing empfangen. Im Silicon Valley wird er die Chefs von Apple und Google besuchen. Geplant war auch ein Besuch an der New Yorker Börse, wo Anteilssch­eine der SaudiAramc­o-Ölgesellsc­haft gehandelt werden sollten. Der mit 100 Mrd. Dollar größte Börsegang der Welt wurde von Riad inzwischen abgesagt. Man wolle sich nicht der „Gefahr von Rechtsstre­itigkeiten aussetzen“, hieß es – ein Anzeichen dafür, dass die amerikanis­ch-saudische Eintracht wohl nicht so groß ist, wie sie zelebriert wird.

„Mit mir gibt es kein Zurück mehr.“

 ?? BILD: SN/APA/AFP/M. NGAN ?? US-Präsident Donald Trump empfing Kronprinz Salman im Oval Office des Weißen Hauses in Washington.
BILD: SN/APA/AFP/M. NGAN US-Präsident Donald Trump empfing Kronprinz Salman im Oval Office des Weißen Hauses in Washington.

Newspapers in German

Newspapers from Austria