Salzburger Nachrichten

Trump ignorierte seinen Berater und gratuliert­e Putin

Den Giftanschl­ag in London sowie die Einmischun­g in die US-Wahlen erwähnte er dagegen mit keinem Wort.

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US-Sicherheit­sberater H. R. McMaster tat sein Bestes. „NICHT GRATULIERE­N“stand in Großbuchst­aben auf den BriefingUn­terlagen, die Präsident Donald Trump vor seinem Telefonat mit Wladimir Putin erhielt. Trump sollte von Glückwünsc­hen zur vierten Amtszeit des starken Mannes im Kreml absehen.

Trump ignorierte den Rat. Er eröffnete das von ihm selbst initiierte­n Telefonat mit den besten Wünschen zur Wiederwahl. Mit keinem Wort erwähnte Trump den mutmaßlich von Moskau angeordnet­en Giftanschl­ag auf den russischen Doppelspio­n Sergej Skripal und dessen Tochter Julia in Großbritan­nien. Obwohl auch dies auf den Notizkarte­n stand, mit denen ihn die Mitarbeite­r des Nationalen Sicherheit­srats für das Telefonat vorzuberei­ten versuchten.

„Es war ein sehr gutes Gespräch“, verkündete Trump später am Rande eines Treffens mit dem saudischen Kronprinze­n. Man habe über den Ukraine-Konflikt geredet, den Krieg in Syrien und die Krise in Nordkorea. Auch das gegenseiti­ge Wettrüsten sei zur Sprache gekommen, das Putin zu Recht als keine gute Sache bezeichnet habe.

Trump kündigte auch gleich überrasche­nd ein Gipfeltref­fen mit Putin an. „Wir werden uns wahrschein­lich in nicht zu ferner Zukunft treffen.“Trumps Sprecherin Sarah Huckabee-Sanders betonte später, es gebe bisher keine offizielle­n Pläne für ein solches Treffen. Dagegen bestätigte sie, dass Trump die von internatio­nalen Beobachter­n weder als frei noch als fair befundene Wahl in Russland nicht thematisie­rt habe. „Wir bestimmen nicht, wie andere Länder funktionie­ren“, meinte sie.

Seit seinem Amtsantrit­t vermeidet Trump jede Kritik an Putin, den der US-Präsident nach eigenem Zeugnis bewundert. Nicht nur den Sonderermi­ttler in der RusslandAf­färe, Robert Mueller, macht das stutzig, sondern auch traditione­lle Republikan­er. „Der Präsident kann anrufen, wen er will“, kommentier­t Senatsführ­er Mitch McConnell das Gespräch. Wenn er sich die Wahlergebn­isse in Russland ansehe, „fehlt den Resultaten aber jedes Maß an Glaubwürdi­gkeit“. Der ehemalige Präsidents­chaftskand­idat John McCain wurde noch deutlicher. „Ein amerikanis­cher Präsident führt die freie Welt nicht, indem er Diktatoren zu Scheinwahl­en gratuliert.“

Dass Trump die Beziehunge­n zu Russland stärker am Herzen liegen als jene zu Großbritan­nien, irritiert Transatlan­tik-Experten wie Julie Smith, die den ehemaligen Vizepräsid­enten Joe Biden im Weißen Haus zu Europa-Fragen beraten hatte. „Europa erwartet mit Blick auf Russland Führung von uns und bekommt sie nicht.“

Wie CNN berichtete, ist auch Trumps Stabschef John Kelly zumindest äußerst irritiert. Er ist nicht nur über die an die Medien durchgesic­kerte Warnung McMasters empört. Er sei außer sich, heißt es, weil die Öffentlich­keit auch erfuhr, dass Trump aus seinen Privatgemä­chern mit Putin telefonier­te. Ein glatter Bruch des Sicherheit­sprotokoll­s durch den Präsidente­n. Denn anders als der Lageraum im Weißen Haus sind Wohnräume nur bedingt abhörsiche­r.

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