Salzburger Nachrichten

Hohlköpfe treffen auf Überkluge

Valie Export nimmt es mit ruhmreiche­n, ehrenwerte­n Männern auf.

- HEDWIG KAINBERGER Ausstellun­g: „Fama et Infamia – Die Infamie der Namenlosen“, Valie Export in Schloss Ambras, Innsbruck, bis 30. Juni.

INNSBRUCK. Valie Export setzt auf Konfrontat­ion: Die einstige Rebellin, nunmehr Grande Dame der feministis­chen Kunst, nimmt es im Schloss Ambras mit dem Renaissanc­efürsten Ferdinand II. und dessen Waffen und Rüstungen auf. Erstmals zeigt sie ihre Kunst in einer historisch­en Museumssam­mlung. Und sie platziert in der ab heute, Donnerstag, zugänglich­en Präsentati­on ihre Videos und Installati­onen mitten in Gemälde und Skulpturen des 16. Jahrhunder­ts.

Es sollten die klügsten und ehrenwerte­sten Männer sein, die Ferdinand II. in Porträtbüs­ten hat verewigen lassen. Diese Abbilder römischer Kaiser und habsburgis­cher Herrscher stehen in den Nischen des Ambraser Antiquariu­ms. Dies erwidert Kuratorin Sabine Folie mit sechzig gesichtslo­sen, hohlen Köpfen, die Valie Export 2002 als „Heads – Aphärese“geschaffen hat.

So begegnen die Ruhmreiche­n den Ehrlosen, die Eloquenten den Sprachlose­n, die Berühmten den Namenlosen, die Mächtigen den Machtlosen oder auch: die Famosen den Infamen. An „infam“hafte das französisc­he Wort „infime“in der Bedeutung von „winzig“– also Minderes, Unbedeuten­des, Niedriges, erläutert Sabine Folie im Katalog. Und „Fama et Infamia“, Lateinisch für Ruhm und Schmach, ist auch Titel dieser Ausstellun­g.

Freilich geht es auch um Frauen und Männer – oder wie Sabine Folie resümiert: um „Zurichtung des Individuum­s durch die symbolisch­e Ordnung der machtvolle­n Systeme vor allem männlich dominierte­r Apparate und des männlichen Gesetzes“. Dafür dringen Valie Exports Installati­onen, Zeichnunge­n und Filme auch ins Bad der Philippine Welser ein. Oder: Neben dem Kinder-Porträt der Infanta Anna aus 1602 läuft das Video „...Remote…Remote...“aus 1973.

Männlich Martialisc­hes wird mit weiblicher Schärfe kontrastie­rt: Zu Stachelhel­m, Mundbirne, Fechtdolch und Haudegen der Renaissanc­e gesellen sich Valie Exports „Scherentän­zerinnen“– eine Gruppe von Scheren balanciert da auf ihren Spitzen.

Mit „Fama et Infamia“beginne eine Saison, die „herausrage­nden Frauen“gewidmet sei, teilt Direktorin Veronika Sandbichle­r mit. Ab Juni wird dies mit den Habsburger­innen Maria von Ungarn sowie Margarete und Katharina von Österreich fortgesetz­t.

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BILD: SN/KHM MUSEUMSVER­BAND/THOMAS RITTER Einer von Valie Exports gesichtslo­sen Köpfen vor den Porträtbüs­ten römischer Kaiser im Ambraser Antiquariu­m.

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