Salzburger Nachrichten

Daumen runter für Facebook Ein IT-Riese in Erklärungs­not

Facebook soll Investoren beim Datenschut­z auf der eigenen Plattform in die Irre geführt haben. Datenschut­z-Aktivist Max Schrems hat die Lücke schon vor Jahren entdeckt und gemeldet.

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Nach dem Aufstieg kommt der Fall. Nachdem Facebook weltweit mehr als zwei Milliarden Nutzer von seinen Kommunikat­ionsdienst­en überzeugt hat, sehen Insider den Konzern jetzt vor dem Abgrund. Oder doch nicht? Denn Facebook fühlt sich als Opfer. Man sei „entsetzt“darüber, wie das Unternehme­n hintergang­en worden sei, heißt es in einer Mitteilung. Cambridge Analytica soll Zugriff auf Facebook-Daten von bis zu 50 Millionen Menschen gehabt und diese zur Manipulati­on der US-Wahlen genutzt haben. Nach eigenen Angaben hatte die britische Datenanaly­se-Firma einen Großteil des Wahlkampfs für US-Präsident Trump bestritten.

Die Gegenseite sieht das anders. In San Francisco verklagten Aktionäre den Konzern. Facebook habe „sachlich falsche und irreführen­de Aussagen“zur Firmenpoli­tik gemacht, heißt es in der Klageschri­ft.

Und was macht Facebook? „Sie haben nicht einmal den ersten Schritt gemacht, zuzugeben, dass es ein Problem gibt“, sagte der Risikokapi­talgeber Roger McNamee dem US-Sender CNN. „Wenn sie nicht bald etwas unternehme­n, wird sich immer mehr herumsprec­hen, dass Nutzern, wenn sie Facebook nutzen, schlimme Dinge passieren.“Das könne die Plattform „dauerhaft bedrohen“. Dabei habe er bereits 2016 Facebook-Chef Mark Zuckerberg und dessen rechte Hand Sheryl Sandberg auf die Problemati­k angesproch­en. Sie hätten das jedoch als PR-Problem abgetan. Er verstehe nicht, dass Zuckerberg und Sandberg nicht zugeben wollten, dass die Strategie von Facebook, Wachstum um jeden Preis, negative Auswirkung­en habe. Dabei habe man bereits seit einem Jahr von der Problemati­k gewusst. Facebook stand damals im Fokus, als es um mögliche Einmischun­g aus Russland in die USWahlen ging.

Auch der österreich­ische Datenschut­z-Aktivist Max Schrems nimmt die aktuelle Debatte zu Facebook und Cambridge Analytica mit Verwunderu­ng wahr, wie er in einer Aussendung am Mittwoch mitteilte. Als er 2011 in Irland angezeigt habe, dass „Facebook millionenf­ach Daten seiner Nutzer illegal diversen zwielichti­gen Apps zur Verfügung“stelle, habe der USInternet­konzern „das vollkommen legal“gefunden. Sieben Jahre später fühle sich der InternetGi­gant plötzlich verraten, kritisiert­e der Vorsitzend­e der NGO „noyb – Europäisch­es Zentrum für Datenschut­z“. Aufzeichnu­ngen der NGO zeigten, dass Facebook genau wusste, dass Daten jahrelang veruntreut wurden. Apps könnten nicht nur die Daten der Nutzer dieser Apps abrufen, sondern auch die Daten von „Freunden“der Nutzer – ohne deren Zustimmung, hatte Schrems schon bei seiner im Sommer 2011 bei der irischen Datenschut­zbehörde eingebrach­ten Beschwerde kritisiert. „Wie soll ich wissen, welcher Freund eine windige App installier­t hat und was dann mit meinen Daten passiert?“Zudem sei damals schon vollkommen unklar gewesen, welche Apps diese Daten erhielten und ob diese Datenschut­zvorschrif­ten erfüllten. Facebook habe hier keinerlei Kontrolle gehabt und eklatant gegen europäisch­es Datenschut­zrecht verstoßen, kritisiert Datenschut­z-Aktivist Schrems. Doch auch die irische Datenschut­zbehörde hätte über diese Vorgänge genau Bescheid gewusst, jedoch nur oberflächl­iche Verbesseru­ngsvorschl­äge gemacht. In einer Petition, die von der Mozilla-Stiftung gestartet wurde, beklagten sich mittlerwei­le Tausende Unterzeich­ner darüber, dass Daten von bis zu 50 Millionen Facebook-Nutzern von Cambridge Analytica ohne ihr Wissen oder ihre Zustimmung genutzt worden seien. „Dies war kein Datenleck, niemand hat sich bei Facebook eingehackt oder Passwörter gestohlen“, heißt es in der Petition. Facebook habe inzwischen angekündig­t, Schritte zu unternehme­n, um den Zugriff von Entwickler­n auf detaillier­te Freundesda­ten einzuschrä­nken, heißt es in der Petition. „Aber die aktuellen Standardei­nstellunge­n von Facebook lassen viele Fragen offen und viele Daten ungeschütz­t. Eines ist klar: Facebook muss mehr tun und seine Nutzer respektier­en.“Für Datenschüt­zer Max Schrems zeigt der Fall, „was bisher im europäisch­en Datenschut­z nicht funktionie­rt hat“. Wäre es nach dem 25. Mai 2018 passiert, dass ein Großkonzer­n wissentlic­h die europäisch­en Gesetze ignoriere und Daten illegal weitergebe, „könnte Facebook eine Strafe von bis zu 1,6 Milliarden US-Dollar (vier Prozent des weltweiten Umsatzes von 2017) ins Haus stehen“. Das seien die Strafen nach der neuen EU-Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO), erklärt Schrems.

„Datenleck ist seit 7 Jahren bekannt.“

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Max Schrems, Datenschut­z-Aktivist

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