Die Formel 1 nimmt sich selbst ins Visier
Wie eng die drei Topteams der Formel 1 vor dem Saisonstart in Australien zusammenrücken, sehen Experten unterschiedlich.
Die Formel 1 nimmt sich selbst ins Visier: Wie eng die drei Topteams vor dem Saisonstart in Melbourne zusammenrücken.
Christian Danner war Formel-1und Indycar-Pilot und analysiert seit Jahren die Formel 1 punktgenau für den deutschen Sender RTL. Freitag nach dem ersten Trainingstag für den Saisonauftakt, den GP von Australien (Start Sonntag 7.10 MESZ), meinte er aber abwinkend: „Schon wieder alles gelaufen.“Und das, obwohl Weltmeister Lewis Hamilton im Mercedes nur 127 Tausendstel vor Red-Bull-Jungstar Max Verstappen lag? „Ja. Weil sich Mercedes spielt und jederzeit zulegen kann.“Danner weiter: „Ich bin jetzt wirklich kein Mercedes-Gegner. Aber was die Formel 1 bräuchte, wären Schlagzeilen ,X und Y vorn, Mercedes abgeschlagen‘. Leider spielt es die nicht.“
Dem hielt Mercedes-Aufsichtsrat Niki Lauda entgegen: „Ich hoffe, dass euch allen fad wird.“Doch Laudas Hoffnung auf eine fortgesetzte klare Mercedes-Dominanz scheint zumindest vorerst eher nicht einzutreffen. „Weil ich denke, dass Ferrari noch Reserven hat und Gerhard Kuntschik berichtet für die SN aus Melbourne Red Bull in den Kurven sehr schnell ist“, erklärte Mercedes-Teamchef Toto Wolff, der trotzdem etwas skeptisch wirkte.
Fast ungewohnt optimistisch gab sich Red Bulls Motorsportchef Helmut Marko, nachdem Verstappen nahe an Hamilton war und Daniel Ricciardo nur durch die Unterbrechung (Rot wegen eines Kabels auf der Zielgeraden) just in seiner Qualirunden-Simulation vom Gas gehen musste, bis dahin aber ähnlich schnell wie der Teamkollege war.
„Die Zeiten heute waren der erste reelle Vergleich. In der Qualifikation wird der Abstand wohl vier Zehntel betragen, aber das wäre ein Bereich, der uns vorn mitfahren lässt“, sagte der Grazer, der seinen beiden Piloten in den Longruns sehr gute Zeiten bescheinigte. Mar- ko: „Dass unser Auto heuer früher fertig wurde, ermöglichte uns eine bessere Vorbereitung. Zum Vorjahr sind wir deutlich weiter, 2017 waren wir am ersten Tag zwei Sekunden und in der Qualifikation 1,4 hinter Mercedes.“
Dass auch bei Toro Rosso mit dem neuen Motorenpartner Honda Aufbruchstimmung herrscht, bestätigen Marko und STR-Teamchef Franz Tost. Im zweiten Training absolvierten Hartley (41 Runden) und Gasly (39) die meisten Runden aller Teams – ohne Probleme. „Das war alles sehr positiv“, befand Marko. Tost urteilte: „Die enge Zusammenarbeit mit Honda brachte nicht nur eine Leistungssteigerung, sondern auch eine klar verbesserte Zuverlässigkeit. Im Lauf der Saison erwarte ich, dass wir im vorderen Mittelfeld dabei sind.“Was die größte Anforderung an seine beiden jungen Fahrer sein werde? „Keine Frage, das richtige Reifenmanagement. Da müssen Pierre und Brendon noch viel lernen.“
Wie die Kräfteverhältnisse zwischen den drei Spitzenteams Mercedes, Red Bull und Ferrari wirklich sein werden, könnte sich in Melbourne gar nicht herausstellen. Im Qualifying heute, Samstag (7 MEZ), wird es sehr wahrscheinlich regnen, im Rennen ist die Wahrscheinlichkeit auch hoch. Der Verband gab bereits Freitag einen zusätzlichen Satz Intermediate-Reifen (für leichten Regen) pro Fahrer frei. Und Verstappen sagte klipp und klar, worauf er hofft: „Auf Regen an beiden Tagen.“