Salzburger Nachrichten

Pilgern mit allem Komfort. Wer es auf dem Ignatiuswe­g in Nordspanie­n bequem haben will, legt Etappen im Bus zurück.

Es gibt noch einsame Pilgerwege. Zum Beispiel den Ignatiuswe­g in Nordspanie­n. Wer es bequem haben will, legt größere Etappen im Bus zurück.

- THOMAS HÖDLMOSER

DDer Tag beginnt früh für den Pilger, lang vor Sonnenaufg­ang. Auf dem Platz vor der pompösen Basilika von Loyola wartet ein kleines Grüppchen Gläubiger in der Finsternis auf Einlass. Nachdem ein Priester aufgesperr­t hat, geht es in aller Stille über eine monumental­e Treppenanl­age hinauf zur Bekehrungs­kapelle. Und dort sitzt er, wegen dem alle hierher ins Baskenland gekommen sind, unter einem Baldachin, verewigt in einer Skulptur in einer Ecke der Kapelle. Allem Irdischen entrückt, schaut er in einem Moment der Erleuchtun­g Richtung Himmel: der hl. Ignatius von Loyola.

Loyola: So hieß die Ortschaft im Baskenland, die Eingang in die Geschichte gefunden hat, weil der Gründer des Jesuitenor­dens hier gelebt hat. Heute heißt die Gemeinde Azpeitia. Und die Basilika ist der Ausgangspu­nkt des Ignatiuswe­gs.

Wenn das Bayerische Pilgerbüro eine Wanderung auf diesem Weg organisier­t, versteht es sich, dass vor dem Abmarsch der Pilgersege­n erteilt wird und vor dem Antritt der Wanderung zunächst die wichtigste­n Schauplätz­e im Ort besichtigt werden. Dazu gehört das anschaulic­he Museum im ehemaligen Wohnturm, in dem Ignatius 1491 geboren wurde und wo er 30 Jahre später seine Bekehrung zu Gott erlebte. Über diesem Wohnturm wurde später die mächtige Basilika erbaut.

Über den Hauptplatz von Azpeitia, auf dem die baskischen und – aus Solidaritä­t mit den freiheitsl­iebenden Nachbarn – auch die katalanisc­hen Flaggen von den Balkonen hängen, geht es weiter zur Kirche San Sebastián de Soreasu, wo Ignatius getauft wurde, und zum ehemaligen MagdalenaH­ospital, wo er Kranke gepflegt hat.

In seinen jungen Jahren war Ignatius Soldat. Nachdem er bei einer Schlacht in Pamplona 1521 schwer verwundet worden war, hing sein Leben an einem seidenen Faden. Im Krankenbet­t gab es für ihn nichts zu lesen – außer ein paar fromme Bücher. Und die brachten ihn zur Umkehr. Aus dem Adeligen wurde ein Pilger, aus dem Streiter für weltliche Herrscher wurde ein Soldat Christi. Wo genau Ignatius nach seiner Genesung Richtung Katalonien gepilgert ist, weiß zwar niemand. Aber das sei auch egal, es gehe um etwas anderes, sagt Weihbischo­f Wolfgang Bischof, der Präsident des Bayerische­n Pilgerbüro­s. „Wichtig ist eine Grundoffen­heit für das, was kommt.“

Von der Basilika in Loyola sind es 675 Kilometer bis zum Endpunkt in Manresa in der Nähe des Klosters Montserrat in Katalonien. Die ersten Etappen führen entlang von Geh- und Radwegen, über hügelige Landschaft­en, durch Wälder. An den Nebel und den Nieselrege­n, der sich früher oder später durch jede Wanderhose und Windjacke frisst, muss man sich gewöhnen. „Dieses Wetter ist typisch für die Gegend“, sagen die Einheimisc­hen. In der für ihren Wein bekannten Provinz La Rioja wird die Landschaft dann flacher und trockener.

Man passiert alte, verlassen wirkende Häuser mit knallrotem Paprika in den Fenstern und Disteln an den Wänden, die Geister abwehren sollen. In manchen Orten lohnt es sich, ein paar Stunden zu verweilen – zum Beispiel in der auf einer Anhöhe gelegenen Kleinstadt Laguardia, von wo aus man eine beeindruck­ende Aussicht auf das Kantabrisc­he Gebirge und das Land ringsum genießt.

Im Gegensatz zum stark frequentie­rten Jakobsweg ist der Camino Ignaciano noch ein Geheimtipp unter Spanien-Pilgern. Keine tausend Pilger sind hier pro Jahr unterwegs.

Um wirklich ein Gefühl für das Pilgern zu bekommen und mit Körper und Geist „runterzuko­mmen“, muss man mindestens ein paar Tage wandern. Allerdings gibt mittlerwei­le auch Alternativ­en zum Hardcore-Pilgern, zum Beispiel die durchgepla­nte Express-Variante, bei der einzelne Etappen im Bus zurückgele­gt werden – geeignet für Menschen, die zwar gern wandern, aber Probleme mit weiten Strecken und schwerem Gepäck haben. Das Entscheide­nde sei ja ohnehin nicht, ob man die ganze Strecke oder nur einen Teil zu Fuß zurücklege, sagt Herr Bischof, der Pilger-Bischof. Entscheide­nd sei: „Wenn sich jemand auf den Weg macht, geschieht etwas. Es passiert mit jedem etwas auf dem Weg.“

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Blick über Weinberge Kleinstadt Laguardia. auf die malerische
 ??  ?? Typisch für die Region: Paprika in den Fenstern der Wohnhäuser.
Typisch für die Region: Paprika in den Fenstern der Wohnhäuser.
 ??  ?? Trinkpause in Antoñana.
Trinkpause in Antoñana.
 ??  ?? Nieselrege­n gibt es oft im Baskenland.
Nieselrege­n gibt es oft im Baskenland.

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