Salzburger Nachrichten

Die hässliche Fratze des Internets

Online gibt es Raum für Gewalt und Missbrauch. Wer junge Menschen am besten warnen kann, bevor es in sozialen Medien gefährlich wird.

- MICHAELA HESSENBERG­ER

BBelehrt werden ist gerade bei Jugendlich­en oft nicht besonders gefragt. Noch öfter ist es allerdings sehr wichtig. Etwa, wenn junge Menschen in der OnlineWelt unterwegs sind. Wo und von wem sie sich etwas sagen lassen, wenn es darum geht, wie sie sich vor den negativen Seiten des Internets schützen können? Am besten, indem sie von Gleichaltr­igen in Schule und Freizeit erfahren, was zu tun ist, wenn Hass, Gewalt oder sexueller Missbrauch im Netz Thema werden.

Denn wer durch das Internet surft, muss auf der Hut sein. Gewalt taucht immer wieder auf, in verschiede­nsten Formen. Das weiß auch Florian Weiser. Er ist Schüler in Salzburg. Der 16-Jährige hat sich von EPCAT zum „Wissensver­mittler“ausbilden lassen. Das ist eine Fachstelle, die sich gegen sexuelle Ausbeutung von Kindern einsetzt und internatio­nal arbeitet.

„Es hat mich überrascht, was im Internet an Negativem überhaupt möglich ist“, sagte Weiser den SN kürzlich in Wien. Der Schüler ist ein sogenannte­r Peer-Experte geworden, also jemand, der mit Altersgeno­ssen darüber spricht, dass man aufpassen muss, wenn man online ist. Das kann zum Beispiel auf Facebook wichtig sein, wenn es um die Sicherheit­seinstellu­ngen geht. Immerhin soll nicht jeder auf der Welt sehen können, wo Nutzer wohnen, welche Fotos sie posten oder welche Telefonnum­mer sie haben.

Auch Sexting und Grooming seien oft Thema, sagt Weiser. Beim einen warnt er davor, Nacktfotos zu verschicke­n; beim anderen geht es darum, dass Jugendlich­e sich nicht von Erwachsene­n dazu überreden lassen sollen, ihnen Fotos zu schicken oder sich gar mit ihnen zu treffen. Bei seiner Ausbildung hat der junge Salzburger erfahren, was auf Plattforme­n wie Snapchat, WhatsApp oder Instagram alles passieren kann. Dann sei es gut zu wissen, wohin man sich auf der Suche nach Hilfe und Unterstütz­ung wenden könne.

Weiser ist einer von 27 Jugendlich­en, die ab Mai 2016 am Projekt „make-IT-safe 2.0“teilgenomm­en haben. „Die jungen Peer Experts wurden mit ihren Rechten und Pflichten vertraut gemacht, über Chancen und Risiken von Internette­chnologien informiert und zu Methoden der Peer-Vermittlun­g geschult, um sich eigenveran­twortlich und verantwort­ungsvoll im Netz bewegen zu können“, erklärte Projektlei­ter Alexander Glowatschn­ig.

Ihr Wissen über den sicheren und verantwort­ungsbewuss­ten Umgang mit digitalen Medien gaben und geben sie dann nach dem Motto „peer to peer“, also „von Gleichaltr­igen zu Gleichaltr­igen“, an andere Jugendlich­e weiter. Kommunikat­ion auf Augenhöhe sei dabei das Um und Auf. Sie wirke viel besser, als wenn Erwachsene mit jungen Menschen über Gefahren sprechen würden, die online lauern.

Umgesetzt wurde das Projekt in Jugendzent­ren und Jugendgrup­pen in den Bundesländ­ern Salzburg und Steiermark in enger Zusammenar­beit mit der Bundesjuge­ndvertretu­ng, dem Bundesnetz­werk Österreich­ische Jugendinfo­s, dem bundesweit­en Netzwerk Offene Jugendarbe­it, LOGO Jugendmana­gement, Akzente Salzburg und Saferinter­net.at.

In den Arbeitsgru­ppen haben junge Menschen und ihre Trainer schließlic­h auch noch eine Toolbox, eine Sammlung von „Werkzeugen“, entwickelt. Was diese leisten kann? Sie stellt eine Methodensa­mmlung dar, die in der Jugendarbe­it außerhalb des Schulunter­richts zur Sensibilis­ierung von Kindern und Jugendlich­en und für den Schutz von Kindern im Internet verwendet werden kann. Die Werkzeuge sollten dazu beitragen, die Medienkomp­etenz junger Menschen zu stärken, so Golowatsch­nig. Sie bietet außerdem in Jugendzent­ren oder -gruppen die beinahe spielerisc­he Beschäftig­ung mit wichtigen Themen wie Privatsphä­re, Datenschut­z, Cyber-Mobbing, Hass im Netz, Sexting und Grooming.

Wie oft es zu Gewalt im Netz kommt, kann nur geschätzt werden. Ein paar Zahlen gibt es allerdings: Ein halbes Jahr nach ihrem Start hat die Beratungss­telle gegen Hass im Netz kürzlich eine erste Bilanz gezogen. Demnach wurden allein in den vergangene­n sechs Monaten 701 Fälle von Hasspostin­gs, Hetze und Cybermobbi­ng dokumentie­rt. Am häufigsten würden Muslime und Flüchtling­e attackiert, beschimpft und bedroht – verstärkt aber auch Frauen, so die Betreiber der Beratungss­telle. Dass die Dunkelziff­er dieser Übergriffe weitaus höher liegt, ist klar.

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BILD: SN Im Internet lauern Gefahren. Jugendlich­e lernen am besten von Gleichaltr­igen, wie sie sich schützen.

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