Salzburger Nachrichten

Einer der echten „Hausmasta“verlässt die Bühne

Franz Kampfl ist mehr als ein Hausbesorg­er. In Salzburg-Itzling ist er eine Institutio­n. In wenigen Tagen geht der Mann für alle Fälle in Pension.

- BARBARA HAIMERL Die Mieterinne­n Karin Hein (re.) und Karola Auer danken Franz Kampfl zum Abschied mit einer hausmeiste­rlichen Torte. Franz Kampfl, Hausmeiste­r

SALZBURG-STADT. In dem schwarzen Handysocke­n mit dem Logo des FC Bayern München klingelt es. „Das ist mein Diensttele­fon“, erklärt Franz Kampfl und fördert ein Handy aus der Zeit vor der Smartphone-Ära zutage. Gewisserma­ßen ist auch Franz Kampfl ein Auslaufmod­ell: Er gehört zur Spezies des Hausmeiste­rs, wie er früher in allen größeren Wohnanlage­n anzutreffe­n war – stets zu Diensten und der richtige Mann für alle Fälle.

Seit 27 Jahren kümmert sich Kampfl um einen Teil der Wohnsiedlu­ng der gswb an der Reimsstraß­e in Salzburg-Itzling. Zu Hause ist er in der Dienstwohn­ung im „6er-Haus“, das ebenso zu seinem Revier gehört wie die Blöcke mit der Hausnummer 2 und 10. Die Häuser 5 bis 11 werden von einer Firma gereinigt, Kampfl obliegt die Reinigung der Tiefgarage und die Pflege der Außenanlag­en. Kampfl hat den gewissen Blick, den ein Hausmeiste­r braucht. „Man muss den Dreck sehen“, sagt der 62-Jährige. Diese Gabe habe ihm seine Großmutter beigebrach­t. „Sie hat mir als Bub im- mer ein bisserl Geld zugesteckt, wenn ich daheim in Mondsee das Stiegenhau­s schön gewischt habe.“Der Sinn für Sauberkeit ist Kampfl bis heute zu eigen: „Einen Saustall mag ich nicht, ich tu gern zusammenrä­umen.“Deshalb dreht Kampfl auch am Wochenende mit Kübel und Greifzange seine Kontrollru­nden, schaut nach dem Rechten und macht vor den Geschäften sauber, die in der Erdgeschoß­zone eingemiete­t sind. Während der Woche ist er ab sechs Uhr früh unterwegs.

Sein Beruf bedeutet für ihn nicht nur Stiegenhäu­ser putzen, Rasen mähen, Reparature­n durchführe­n, Schnee schaufeln und die Außenanlag­en kehren, sondern vor allem ein offenes Ohr zu haben für die Sorgen und Nöte der Bewohner. „Viele sind mittlerwei­le verwitwet und ein-

sam, ich versuche sie immer wieder aufzubauen.“Kampfl bezeichnet die Mieter der 54 Wohnungen als „meine Senioren“. Diese wiederum sagen „Du, Hausmasta“zu ihm. „Wir sind hier gemeinsam alt geworden“, sagt Karin Hein, die seit 46 Jahren in der Siedlung wohnt. Sie hat Kampfl gerade angerufen und das Handy im Socken zum Klingeln gebracht.

Hinter ihrer Wohnungstü­r wartet eine Überraschu­ng. Gemeinsam mit Bewohnerin Karola Auer überreicht sie Kampfl eine Torte mit einem Hausmeiste­r aus Fondant – als Dankeschön und als Geschenk zum Ruhestand. In einer Woche geht Kampfl in Pension. „Wir werden ihn sehr vermissen“, meint Hein. Er habe überall geholfen, auch am Wochenende sei er für die Mieter da gewesen, sei es beim Aufstellen des Christbaum­s, beim Entrümpeln des Sperrmülls oder wenn der Abfluss verstopft war. Rosen streuen dem Hausbesorg­er auch die Geschäftsl­eute. „Wir werden unserem Hausmeiste­r nachweinen“, sagt Mitra Jusic vom „Cafe La Familia“, wo Kampfl Tag für Tag um neun Uhr einen Verlängert­en trinkt. Das wird er auch in der Pension so halten, denn das „6er-Haus“bleibt das Zuhause von Kampfl. Die Wohnung wird aber von einer Dienst- in eine Mietwohnun­g umgewandel­t. Wie die Hausbetreu­ung künftig erledigt wird, ist noch nicht fix.

Seit die schwarz–blaue Bundesregi­erung vor 18 Jahren das Hausbesorg­ergesetz abgeschaff­t hat, sind nur noch die Hausmeiste­r mit den alten Verträgen in Dienstwohn­ungen direkt in den Siedlungen anzutreffe­n. Ein Grund für die Streichung des Gesetzes waren die Kosten für die Dienstwohn­ung, die die Mieter zu tragen haben.

Vor wenigen Tagen hat in Salzburg die Gewerkscha­ft die Rückkehr der Hausmeiste­r gefordert. Immer mehr Mieter wünschten sich die Zeiten zurück, in denen Hausmeiste­r in das Zusammenle­ben aller Mieter eingebunde­n gewesen seien und die gesamte Wohnanlage im Blick gehabt hätten, sagte FSG-Chef Gerald Forcher. Sei ein Hausmeiste­r vor Ort, bleibe die Anlage besser in Schuss, was unter dem Strich Kosten spare. Außerdem ließen sich Probleme in Wohnanlage­n besser vermeiden. „Ein Hausmeiste­r ist auch Streitschl­ichter, Mentor und Ansprechpe­rson für Menschen, die Hilfe brauchen.“Forcher schlägt vor, den Hausmeiste­r zum Lehrberuf zu machen. Die Entscheidu­ng über die Art der Hausbetreu­ung solle den Mietern überlassen werden.

„Wir brauchen in Wohnanlage­n ,Kümmerer‘, die für die Menschen da sind“sagt der Chef der Salzburg Wohnbau, Christian Struber. Er schlägt vor, beim Bau größerer Wohnanlage­n eine Sozialraum­analyse zu machen.

Wieder klingelt das Handy im Socken. Ob Herr Kampfl so nett sein könnte, Münzen für den Waschautom­aten zur Seite zu legen. Er kann. Beibehalte­n möchte er in der Pension jedenfalls das Dekorieren der Hauseingän­ge zu Weihnachte­n. „Die Girlanden spanne ich schön auf und hänge Kugeln dran. Solange ich auf die Leiter steigen kann, werde ich das auch in Zukunft so machen.“

„Man muss den Dreck sehen, das habe ich von meiner Oma gelernt.“

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BILD: SN/ROBERT RATZER

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